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ALBERT-LUDWIGS-UNIVERSITÄT FREIBURG IM BREISGAU
Prüfungsausschuss für Diplom-Volkwirte

Die Hauptströmungen der utopischen Literatur und ihre Beziehungen zur ökonomischen Lehre

Diplomarbeit
Arbeit mit frei vereinbarter Frist

vorgelegt bei Professor Dr. Dr. h.c. Karl Brandt von stud. rer. pol. Gerd Breitenbürger aus Freiburg

Beginn:1. Juni 1987
Abgabetermin: 1. Dezember 1987

1. Einleitung

1.1 Definition von „Utopie“
Um einen Maßstab für die Auswahl der zu untersuchenden Texte zu erhalten, muß die Formulierung „utopische Literatur“, die hier mit der literarischen Gattung „Utopie“ inhaltlich übereinstimmen soll, definitorisch geklärt werden.
Das Etymon des Kunstwortes „Utopie“, griech. „u“ ‚nicht‘ und „topos“ ‚der Ort‘, verweist auf das „Nirgendwo“, den „Nirgendort“, in dem der Erfinder des Begriffs, Thomas Morus, seine Darstellung spielen läßt. Die „Utopie“ ist, nach Aussage literarischer Lexika, „die Phantasiedarstellung einer idealen menschlichen Gemeinschaft, die noch nicht existiert“.1 Zu den Elementen Fiktionalität, Idealität und gewünschte Realisierbarkeit tritt noch die polemische oder satirische Haltung gegenüber der jeweiligen Gegenwart: „Der utopische Roman (Zukunftsroman), in dem i.d.R. ein in den Augen des Verfassers ideales Gegenbild zu den sozialen, polit. und wirtsch. Verhältnissen der jeweiligen Gegenwart entworfen wird, ...“ 2
Die Utopie als positives Gegenbild oder Korrektur zu einer als unvollkommen erlebten Gegenwart entwickelt sich im 20. Jahrhundert zur Schreck-Utopie, zur Anti-Utopie, wenn Tendenzen der Gegenwart in Technik und Naturwissenschaft oder in der Entwicklung der Gesellschaft zu totalitären Staatsformen extrapoliert werden. Im Vergleich zu den Inhalten der Schreck-Utopie erscheinen die der erlebten Gegenwart dann geradezu als Paradies.
Der Begriff „Utopie“ wurde überaus fruchtbar, als Philosoph en und Soziologen sich seiner annahmen und den engen literarischen Begriff vom idealen Staatsroman auf die „utopische Funktion von Literatur überhaupt“3, schließlich auf eine philosophische Auffassung vom „Denken in Utopien“4 oder auf das, was ein Mensch überhaupt antizipieren kann5, ausdehnten. Der sehr weite, philosophische Begriff „Utopie“, der als eine Art Existenziale aufgefaßt wird, ist zwar für unseren speziellen Bezug auf die literarische Utopie nicht weiter ergiebig. Er weist aber darauf hin, daß von den zwei Funktionen prodesse et delectare, die Horaz dem Dichter zuschreibt, bei den Utopisten das prodesse mit einer ernsthaften Tiefendimension ausgestattet ist.

1.2 Begründung der Auswahl
Die Auswahl von zwölf Utopien aus einer Gesamtzahl von etwa 2500 kann nur nach abgeleiteten Maßstäben erfolgen.6 Anhand der Rezeption läßt sich ermitteln, welche Utopien in der Geschichte ihrer Gattung einige Bedeutung erlangten. Bei der Auswahl wurden die Utopien bevorzugt, die eine sozialistische Gesellschaftsordnung propagieren, da hier am ehesten mit einem ausgeprägten Interesse am Ökonomischen zu rechnen war. Repräsentativ kann die Untersuchung daher kaum sein, sie kann aber gleichwohl etwas von dem Möglichkeitssinn des Menschen sichtbar machen, der neben den sozialen auch den ökonomischen Entwicklungen präludiert (vgl. Cabet). Bei dieser Zielsetzung und der zugrunde gelegten Definition von „Utopie“ kann darauf verzichtet werden, auf Utopien oder utopische Literatur, in denen von idealen Zustanden berichtet wird, in der Zeit vor Platon und im Mittelalter sowie auf das biblische Schrifttum7 einzugehen. Die vorplatonischen Schriften, wie sie zum Beispiel als Exzerpte von Jambulos, Euhemeros u.a. bei Diodor erhalten sind8, haben bei weitem nicht die Relevanz wie die „Politeia“ Platons. – Der biblische und christliche utopische Raum ist von der Transzendenz des Himmelreichs bestimmt.9 Der in der Untersuchung verwandte Begriff von „Utopie“ ist diesseitig zu verstehen, der Mensch will das Jammertal hier und jetzt zum Guten wenden. Wenn eine religiös motivierte Utopie aufgenommen wurde (Andreae, Christianopolis), so deswegen, weil sie die diesseitige Bestimmung erfüllt.10 Ebenfalls ausgeklammert wurden die von Marx und Engels so bezeichneten „drei großen Utopisten“ oder „die utopischen Sozialisten“11 Fourrier, Saint-Simon und Owen, denen Utopismus in einem ganz anderen Sinn zugeschrieben wird: Sie hatten keine Verbindung zum Proletariat und glaubten, über Reformen und auf friedlichem Wege durch Umwälzung zu einer klassenlosen Gesellschaft zu kommen.12 Eine Utopie im Sinne von Fiktionalität, Idealität, Hoffnung auf Realisierbarkeit und Gegenbildtechnik ist aber die des Kommunisten Cabet (Voyage en Icarie), die auch noch den Marx’schen Utopie-Begriff erfüllt. Es lag nahe, ihn in die Reihe der zu behandelnden Utopien aufzunehmen.

1.3 Zur Untersuchungsmethode
Das Instrumentarium der Deskription und Analyse entstammt dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft, bezieht sich aber auf Literatur mit historisch bedingten Inhalten. Deren Beschreibung und Analyse muß sich stets gegenwärtig sein, vom Standpunkt des Rezipienten mitbedingt zu seine Daraus ergeben sich zwei Problemkreise: Bis ins 18. Jahrhundert werden die ökonomischen Phänomene häufig wenig detailliert beschrieben, eine ausgefeilte Strukturierung ist den Autoren häufig nicht möglich. Beschreibung und Interpretation dürfen nicht der Gefahr erliegen, „Fehlendes“ freizügig zu interpolieren. Zum anderen mag bei ökonomischen Begriffen wie z.B. „Geld“ oder „Außenhandel“ die historische Differenz zum heutigen Standort unproblematisch sein, bei denen der Ethik kann man nicht ohne weiteres von Kongruenz ausgehen. Es wurde sich aber eine anders akzentuierte Arbeit ergeben, sollten diese Aspekte ausführlich wie sie es verdienten, berücksichtigt werden. Wir gehen also davon aus, daß wir uns mit Platon und den Renaissance-Humanisten über Begriffe wie Gluck oder Gerechtigkeit verständigen können. Ein weiterer methodischer Aspekt, historisch adäquat zu untersuchen, besteht im hermeneutischen Erschließen der Zeitbezuge des jeweiligen Autors. Erst auf dem Hintergrund seiner Zeit werden Zusammenhange verstehbar, Leistungen und Mangel deutlich gesehen und beurteilungsfähig. Die vorliegende Arbeit versucht diesem Aspekt Rechnung zu t ragen, indem der jeweilige historische Hintergrund kurz beleuchtet wird.
Zu den Abschnitten „Biographie“ und „Historischer Hintergrund“ werden in der Regel allgemeine Nachschlagewerke benutzt, denen die Darstellung so sehr verpflichtet ist, daß auf detaillierte bibliographische Anmerkungen verzichtet wurde.13 Abschließend sei bemerkt, daß die Sekundarliteratur wenig hilfreich war. Sie bezieht sich auf literarische, philosophische und soziologische Aspekte, und nur sporadisch finden sich Hinweise auf ökonomische Fragestellungen. Dabei enthalten die meisten Utopien die Erkenntnis, daß das Ökonomische die grundlegende Bedingung ihres Idealstaates ist.



2. Platon (4. Jh. v. Chr.)

2.1 Biographisches und historischer Hintergrund14
Ober Platons Leben ist wenig
bekannt, als Geburtsjahr gilt 427 oder 428 v. Chr. Er stammte aus vornehmer Familie. Von größter Bedeutung in seiner Jugend war die Freundschaft mit Sokrates. Seine Philosophie war nicht nur spekulativ, Platon hat auch praktisch versucht, die Wirklichkeit seines Volkes im ideellen Sinne zu andern. Er starb enttäuscht mit 80 Jahren.
Platons Jugend fällt in die Zeit des fast 30 Jahre dauernden Peloponnesischen Krieges, der für Griechenland so verhängnisvoll war. Platon wirkte in der Stadt Athen, die einst den Nationalfeind Persien besiegte und nun an sozialen und politischen Spannungen litt. Man kann als sicher annehmen, daß der Verfall seiner Heimatstadt der ausschlaggebende Anlaß für die Abfassung der „Politeia“, seines Lebenswerkes, war.

2.2 Die wirtschaftlichen Konzeptionen in „Politeia“ und „Nomoi“
Es ist die Wirkungsgeschichte der platonischen Idealstaaten, die es unumgänglich macht, diese „Utopie“15 in die Untersuchung einzubeziehen. Platon hatte seine Gedanken über ein ideales Gemeinwesen zunächst einmal in der „Politeia“ dargestellt. Die Frage, wie die Wirklichkeit dem Ideal nähergebracht werden kann, behandeln die „Nomoi“.16
Der platonische Idealstaat ist normativ strukturiert. Ein Gemeinwesen ist demnach ideal in seiner inhaltlichen Verfassung, wenn in ihm vollkommene Gerechtigkeit herrscht.17 Wenn sie das höchste Ziel ist, so ist das Bedürfnis des Menschen nach Zusammenwohnen18 mit den drei größten Bedürfnissen Nahrung, Wohnung und Bekleidung der Ursprung des Weges. Für diese primären Bedürfnisse sorgen der Ackermann, der Baumeister und der Weber, der Schuhmacher.19 Mit der Stadtgründung werden auch schon die Vorteile der Arbeitsteilung genutzt, wie Platon ausdrücklich feststellt.20
In der Stadt selbst werden die Güter durch Kauf und Verkauf, also über einen Markt und mit Hilfe von Geld ausgetauscht. Weitere Arbeitsteilung bringt den Kramer hervor.21 Als einzige Gefahrdung dieser Version vom idealen Staat nennt Platon das Malthus-Problem der Überbevölkerung, die zu Armut oder Krieg führen würde.
Das geschilderte ideale Leben ist redlich und einfach, genügsam, aber auch vergnügt. Nur, es genügt den Menschen nicht, sie wollen Annehmlichkeiten, Verwöhnung, Luxus.22 Die Folgen sind gravierend: Einmal schwillt der Staat plötzlich an, da mit vielen neuen Berufen Menschen beherbergt werden müssen, die auch zu ernähren sind, zum anderen muß ab jetzt Krieg mit den Nachbarn geführt werden.23
Damit werden in den Stadtstaaten die Krieger und Wachter als ein weiterer Stand – nach den Bauern, Handwerkern und Handlern – eingeführt. Hinzu kommt noch der Stand der Führer, die das Gemeinwesen nach philosophischen Leitlinien zu lenken haben. Der platonische Staat ist nach Standen strukturiert, diese sind aber für jeden Heranwachsenden in ihren Grenzen durchlässig24, da dies die Gerechtigkeit erfordert. Jedem Stand entspricht eine spezifische Leistung. Da die Führer und Wachter vor Geldgeschäften und gewerblichen Angelegenheiten bewahrt werden müssen, um ihre Funktionen in aller Reinheit erfüllen zu können25, müssen sie vom unteren Stand unterhalten werden. Persönliches Eigentum oder Geld brauchen sie nicht dazu.26 Aus dieser Funktionsaufteilung ergibt sich die Verteilung, die nicht naher bestimmt wird. Da beim unteren Stand der Besitz von Gütern und deren Tausch vorgesehen ist27 , besteht auch nur bei ihm das Problem, Reichtümer anhäufen zu können.28
Zur platonischen Utopie des Idealstaats gehört auch die Fragestellung, ob ein solcher Staat überhaupt möglich sei.29 Die Diskrepanz zwischen Wort und Tat veranlaßt Platon, die Annäherung an das Musterbild schon für zufriedenstellend zu halten.30
In den „Nomoi“ geht Platon, da er Reformen in einem fehlerhaften Staat nicht für wirksam erachtet31, von einer Staatsneugründung aus, in der das Problem des Eigentums nach Maßgabe der Gerechtigkeit gelöst wird.32 Der gleichverteilte Grund und Boden soll ausreichen, alle bei mäßiger Lebensweise zu ernähren33, also das Existenzminimum zu sichern.
Diese wirtschaftspolitische Konzeption ist ein Staatsentwurf niedrigeren Ranges, die erste, ideale Verfassung eines Staates ist die kommunistische:
„Der erste Staat, die erste Verfassung und die besten Gesetze sind da, wo möglichst im ganzen Staate der alte Spruch in Erfüllung geht; dieser lautet aber, daß des Freundes Besitz in Wahrheit ein gemeinsamer ist. Ob nun das jetzt irgendwo stattfindet oder irgend einmal stattfinden wird – daß die Frauen gemeinsam sind, die Kinder gemeinsam und gemeinsam aller Geldbesitz –, und wenn mit allen Mitteln das sogenannte Eigentum in jeder Beziehung aus dem Leben verbannt ist, nach Möglichkeit aber bewerkstelligt ist, daß auch das von Natur Eigene irgendwie ein Gemeinsames wird, so daß zum Beispiel Augen und Ohren und Hände gemeinsam zu sehen scheinen und zu hören und zu schaffen, und daß auch alle insgesamt soviel wie möglich gemeinsam leben, loben und tadeln, indem dasselbe ihnen Freude macht und Verdruß erregt; wenn endlich Gesetze soweit irgend möglich dem Staat zu einem gestalten, dann wird niemals jemand, indem er ihrer Vorzüglichkeit in Hinsicht auf Tugend einen anderen Maßstab setzt, einen richtigeren oder besseren setzen.“ 34
Die platonische Position eines idealen, d.h. auch radikalen Kommunismus, stellt die soziale und wirtschaftliche Ordnung auf die Basis von Güter-, Frauen- und Kindergemeinschaft. Es gibt kein individuelles Eigentum, selbst die Fähigkeit, zu hören und zu sehen, sollen im Dienst der Allgemeinheit stehen. Voraussetzung dieses weitgefaßten Kommunismus ist die Freundschaft, was hier kein leeres Wort sein soll; denn es gibt für die Bürger eines Stadtstaates kein größeres Gut als die gegenseitige Bekanntschaft.35 Das Leben im Idealstaat verläuft in Freude36, ohne daß Platon sagt, ob sie das oder ein Ziel – neben der Gerechtigkeit – sei.

2.3 Zusammenfassung
Platon läßt in den Schriften „Politeia“ und „Nomoi“ mehrere Versionen musterhafter Staaten zu, deren radikalste Idealität die gütergemeinschaftliche Version aufweist. Auch wenn diese Staatsform nicht realisierbar ist, soll sie doch als Orientierungshilfe dienen. Von untergeordnetem Rang sind eine historische Frühform von Idealstaat, in dem die Bewohner genügsam und vergnügt, mit Privateigentum leben und eine fortgeschrittene, entwickeltere Version, in der Luxusansprüche an das Leben die Polis nach Zahl und Funktionen der Bewohner anschwellen lassen. Die Arbeitsteilung schreitet soweit voran, daß zwei weitere Stände, die Führer und Wächter, von den Ackerleuten ernährt werden. Sie leben ohne Privateigentum und ohne Geld kommunistisch wie in einer Familie zusammen. – Diese Version erscheint, gemessen am heutigen Begriff von ‚kommunistisch‘, wirtschaftlich asymmetrisch konzipiert, da wesentliche ökonomische Einrichtungen nicht durchgängig strukturiert sind. – Die „erste“, eigentlich ideale Version ist die des weitreichenden Kommunismus auf der Basis der Freundschaft.
Es ist klar, daß die platonischen Vorstellungen von einem Idealstaat, vor allem, was die höherrangigen Versionen anbelangt, eine fortschrittliche verwaltungstechnische Organisation für den wirtschaftlichen Bereich implizieren.37 Sie muß nicht nur Produktion und Verteilung planen und durchführen, sie wäre auch mit der Aufgabe betraut, die ökonomischen Aspekte der ethischen Forderungen nach Gerechtigkeit und Gleichheit zu erfüllen.

3. Thomas Morus (1516)

3.1 Biographie
Sir Thomas More, in latinisierter Form Morus genannt, wurde, wie man annimmt, 1478 in London geboren und starb auch dort durch Hinrichtung im Jahre 1535. Seine Ausbildung mit politischer Zielsetzung war vielseitig angelegt: Nach humanistischen (d.h. griechische und lateinische Grammatik und Literatur), theologischen und juristischen Studien wurde er 1504 Mitglied des Unterhauses; 1518 wurde er in das King’s Council aufgenommen. – Er nahm an der geistigen Auseinandersetzung mit Luthers Reformationspositionen teil und bezog gegen sie Stellung.
Schließlich wurde er Lord-Kanzler, die höchste Beamtenstelle im Staat, als der er die Kirchenpolitik seines Königs Heinrichs VIII. gegen den Protestantismus stützte. Die Errichtung einer Staatskirche lehnte er allerdings ab, und er war auch nicht bereit, den Suprematseid zu leisten, mit dem sich der König als das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche bestätigen ließ. Das kostete Morus den Kopf, dafür wurde er aber auch 1935 heilig gesprochen.
Morus gilt – neben Erasmus – als einer der hervorragenden Latinisten seiner Zeit. Sein Hauptwerk „De optimo statu reipublicae deque nova insula Utopia“ (1516) begründet die Utopie als literarische Gattung. Es handelt sich um einen dialogisch angelegten, fiktiven Reisebericht über die glückliche Insel Utopia, deren Bewohner radikal jede äußere Unterscheidung abgeschafft haben.

3.2 Geschichtlicher Hintergrund
In dem Maße, wie sich Vernunft und Ethik aus ihrer mittelalterlichen Unterordnung unter die Theologie lösen38, suchen beide einen diesseitigen Weg, die Möglichkeiten des Menschen auszuschöpfen. Das mittelalterliche „trasumanare“39, das Transzendieren des Menschseins zu Gott hin, wird abgelöst von einem geschärften Sinn für die diesseitigen Möglichkeiten des Menschen. Die epochalen Umwälzungen der „Wiedergeburt“40, der Renaissance, in Technik und Naturwissenschaft, in den Entdeckungen auf der Erde (Columbus) und am Himmel (Kopernikus, Keppler, Galilei), in der Kunst (Leonardo da Vinci) und Philosophie (Pico della Mirandola)41 weisen den Menschen und seinen schöpferischen und autonomen Kräften die zentrale Rolle zu. Ein Ausdruck für die Machbarkeit des Erwarteten und zwar der idealen Gesellschaft im Diesseits, ist die Utopie, deren eigentliche Tradition mit den Renaissance-Humanisten (Morus, Campanella, Bacon) beginnt.

3.3 Zur „Utopia“
Der Erzähler ist Raphael Hythlodeus (griech., mit „Possenreiter“ oder entgegengesetzt mit „Feind leerer Worte“ übersetzt,42 je nach zugrunde gelegtem Etymon), eine fiktive Gestalt. Von ihm wird gesagt, er sei ein Gefolgsmann von Amerigo Vespucci gewesen. Die Rezeptionsgeschichte der „Utopia“ ist sehr widersprüchlich und gegensätzlich verlaufen. Einmal wird der christliche Humanismus betont, dann wiederum Morus als Vorläufer des modernen Sozialismus ausgewiesen (Sozialismus von oben).43
Für inkongruente Aussagen, man vergleiche den Namen Hythlodeus, hat die Forschung die Mischung von Heiterkeit und Ernst, komische Elemente, Satire verantwortlich gemacht, die das Werk kennzeichnen.44 So will man aus den Schlußsätzen herauslesen, Morus habe eine vom Bericht abweichende Meinung geltend machen wollen. Eine Erörterung dieser Frage wurde hier zu weit führen. Es steht aber fest, daß die Utopie auch als zeitkritisches Werk zu lesen ist.

3.4 Die wirtschaftlichen Konzeptionen
Zum Kontrastbild, das Hythlodeus mit Hilfe der englischen Wirklichkeit zum Staat der „Utopia“ entwirft, gehört auch die Kritik am englischen Strafrecht. Es war – nicht nur in England und nicht nur in diesem Jahrhundert – äußerst rigoros. Die Beobachtung dieser grausamen Wirklichkeit führte sicher neben dem platonischen Vorbild zu der Ablehnung des Eigentumsprinzips in „Utopia“. Ein weiterer Kontrast45, der sich aus den Eigentumsverhältnissen ergibt, wird durch die Einhegungen, mit denen die Landbesitzer die Pächter an den Bettelstab bringen, bewirkt. Morus kritisiert die sozialen Mißstände, wie sie sich in der Einteilung in Besitzende und Besitzlose zeigen. Schließlich diagnostiziert er eine monopolistisch bzw. oligopolistisch bedingte Teuerung für Getreide und Wolle46 als Ursache für steigende Arbeitslosigkeit. Letzte menschliche Ursache ist die „verruchte Habsucht einiger weniger“47. Geboten ist eine radikale Änderung der genannten Mißstände48 und die „Utopie“, wie sie in Buch 2 vorliegt, soll zeigen, daß eine bessere Gesellschaft nicht nur wünschbar, sondern auch machbar ist. – Es ist wichtig festzuhalten, daß Morus ganz wie selbstverständlich dem ökonomischen Faktor die Priorität einräumt. Die schlimmsten Mißstände wirken sich im Bereich des Moralischen aus, sind aber in erster Linie ökonomischer Natur.
Als Hauptübel wird das Privateigentum genannt. Aus ihm folgt die extrem ungleiche Verteilung der Guter, was Morus moralisch wertet („wo immer das Beste dem Schlechtesten zufällt, ...“49 Die klugen Einrichtungen der „Utopia“ hingegen führen zu einer zweckmäßigen Ordnung: Die Leistung findet ihren Lohn, wegen der Gleichheit wird alles allen reichlich zugemessen.50 Morus greift den platonischen Gedanken eines idealen Kommunismus auf, in dem die Gleichheit des Besitzes das Privateigentum des einzelnen ausschließt. Auch sein Kommunismus ist ideal, da er – wie Platon – eine Idee, die Gerechtigkeit nämlich, als Richtschnur des Handelns auswählt.51 Aber es zeigt sich, daß Morus die Praxis des politischen Handelns kennt, wenn er sagt, daß man die Ungleichheit nie ganz aufheben kann.52 Das zweite Buch, die eigentliche „Utopia“, bietet den Bericht des Hythlodeus. Die Bedeutung, die Morus der ökonomischen Basis seines Idealstaates zumißt, zeigt sich schon darin, daß er, noch bevor er den Staatsaufbau erläutert, die Bedeutung der Landwirtschaft darlegt.53 Die planmäßig über die ganze Anbauflache verteilten Gehöfte werden von Bürgern bewirtschaftet, die alle zwei Jahre mit Stadtbewohnern alternieren. Ihre Produktion reicht für die Gesamtbevölkerung, es wird also hier wie in allen Bereichen Autarkie erreicht. Das Arbeitskräfteproblem wird über die Behörden gelöst. Das System fordert, daß der Ackerbau die Tätigkeit ist, die alle Männer und Frauen gemeinsam ausüben.54 Außerdem erlernt jeder noch ein besonderes Handwerk. Die Arbeitszeit betragt 6 Stunden für jedermann, was ausreichend ist, während in der nicht utopischen Gesellschaft, in der weniger als die Hälfte der Bevölkerung arbeitet und außerdem Arbeitszeit für die Produktion von Luxusartikeln aufgewendet werden muß55, die Arbeitszeit ungleich höher ist. Mit wenig Arbeit wird ein Überfluß an Gütern erzeugt. Es bleibt noch genügend Arbeitskraft übrig, um kollektive Güter (Ausbesserung der Staatsstraßen) zu erstellen. Im übrigen verfügt „Utopia“ über Sklaven für die schmutzigen oder mühsamen Dienstleistungen.56 Es gibt keine Armen und Bettler, da allen gleichmäßig die produzierten, lebensnotwendigen Güter zugeteilt werden. Maßstab für die Verteilung sind also nicht Bedürfnis oder Leistung, sondern die numerische Gleichmäßigkeit.57 Da ein Überschuß produziert wird, legt man einen Vorrat für zwei Jahre an und betreibt einen offensichtlich regen Außenhandel. Dabei verfolgt man eine Niedrig-Preis-Politik, ja man verschenkt den 7. Teil der Waren an die Armen des betreffenden Landes. – Aus dem Erlös kauft man Eisen, das in Utopien fehlt, und Silber und Gold, von dem ein großer Überfluß herrscht. Daher können sie es sich erlauben, auf Kredit und Schuldschein zu verkaufen, eine Zahlungsmodalität, die sie recht großzügig handhaben. Morus spricht von einem erheblichen Überschuß in der Handelsbilanz, der in Goldform vor allem für einen plötzlichen Notfall, sprich Krieg, gehortet wird (Bezahlung ausländischer Soldaten, Kaufen des Feindes oder von Verrätern etc.).

3.5 Zusammenfassung
Das ökonomische Fundament des utopischen Staates bezieht seine Idee aus dem Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus, vom Zusammenbruch der agrarischen Ordnung.58 Die dabei auftretenden Ungerechtigkeiten werden scharf kritisiert und erscheinen als das Motiv für das Abfassen der Schrift. – Dem kritisierten Abbild folgt das Vorbild: Kommunismus, Sozialismus von oben, Abschaffung des Privateigentums und die Freiheit von der Begierde nach Eigentum. Letzteres wird von der axiomatisch vorausgesetzten Vernunft geleistet, damit nicht Zwang,. sondern glückliche Obereinstimmung herrscht. Das Prinzip des Ökonomischen, die Knappheit, wird unterlaufen. Alle lebenswichtigen Güter sind In reicher Fülle vorhanden und werden ohne Zwischenschalten von Geld verteilt. Die Bedürfnisse der Bewohner Utopiens sind – bei einer stationären Wirtschaft freiwillig konstant.
Das schon von Aristoteles dem platonischen Staat vorgeworfene Argument von der Faulheit im Vertrauen auf den Fleiß der anderen erwähnt Morus allerdings auch als Problem. Sitten und Einrichtungen, also wieder der Rekurs auf die Vernunft, bewahren „Utopia“ vor einer solchen Entwicklung.
Während die Utopier in ihrem Land bescheiden und genügsam leben – Luxusgüter werden nicht produziert, alle tragen Uniformen, die 54 Städte stimmen im Grundriß vollständig überein, keine Bierschenke, kein Freudenhaus, kein Müßiggang praktizieren sie über den Außenhandel einen recht anspruchsvollen kapitalistischen Imperialismus59, in dem sie machtvoll in die Belange anderer Staaten über die Wirtschaftsbeziehungen eingreifen.
Die Ziele in dieser Utopie liegen im Oberwinden ökonomischer Mißstände wie Armut und Ungleichheit und dem Erreichen von Überfluß und Autarkie. Was die Utopie zur Utopie macht, ist unter anderem das völlige Ignorieren des Planungsproblems und die Annahme konstanter Bedürfnisse sowie die Voraussetzung einer Vernunftethik, die sich auf den verschiedensten Feldern der Wirtschaft zu bewahren hatte.



4. Thomas Campanella (1623)

4.1 Biographie
Tommaso Campanella wurde 1568 in Stilo (Kalabrien) geboren und starb 1639 in Paris. Seit 1583 gehört er dem Dominikaner-Orden an, 1591 wird er in Rom wegen Ketzerei angeklagt und eingekerkert. Nach acht Jahren wird er freigelassen. Er kämpft gegen die spanische Vorherrschaft In Kalabrien und wird wieder eingekerkert (1599). In der Gefangenschaft verfaßt er sein berühmtestes Werk „Civitas solis“, 1602 („Der Sonnenstaat“). 1634 gelingt ihm die Flucht nach Frankreich.

4.2 Geschichtlicher Hintergrund
Campanella wurde in der nachtridentiner Zeit geboren60, als die katholische Kirche Widerstandskraft gegen die Häresie, besonders gegen den Protestantismus, gewann und sich die Stellung des Papsttums festigte. Karl V. hatte abgedankt (1536), sein Sohn Philipp II. folgte ihm nach, der auch unter anderem die Königreiche Neapel und Sizilien erbt. Gegen diese als Zwangs- und Fremdherrschaft empfundene Okkupation richten sich Campanellas politisch-aufrührerische Aktivitäten, die ihn für Jahrzehnte in den spanischen Kerker bringen.

4.3 Zum „Sonnenstaat“
Tommaso Campanellas „Sonnenstaat“, 1623 im Druck erschienen, gehört zusammen mit Morus’ „Utopia“ und Platons „Politeia“ zu den einflußreichsten Utopien der abendländischen Geistesgeschichte. Sie ist wie die anderen in der Form des Dialogs geschrieben. Ein kühner und weitgereister Kapitän erzählt von seiner Reise zu einer fernen Insel.
Das ideale Staatswesen ist sozialistisch strukturiert. Es gibt kein Privateigentum und auch die Frauen sind Gemeineigentum, es herrscht also – astrologisch gesteuerte – Promiskuität. Der streng gegliederten äußeren Form des „Sonnenstaates“ entspricht eine totale Geometrisierung des Alltagslebens der Bewohner. Das führte zu dem modernen Vorwurf, man finde bei Campanella charakteristische Züge des Totalitarismus.61 Man darf allerdings nicht verkennen, daß die sozialistischen Utopien der Renaissance auch die Funktion von Gedankenexperimenten hatten, die im Falle Campanellas allerdings genügend Wirklichkeitsbezug hatten, um zu einem Versuch der Realisierung zu führen.62

4.4 Die wirtschaftlichen Konzeptionen
Auch Campanella kommt, so wie Morus, mit einer relativ knappen Schilderung wirtschaftlicher Grundstrukturen aus, um das Funktionieren seines Idealstaates plausibel zu machen. Die Menschen dort wollen ein philosophisches Leben führen, dessen Basis der Gemeinbesitz und die auch wirtschaftlich verstandene Brüderlichkeit sind.63
Es gibt nichts, was bei ihnen nicht Gemeinbesitz wäre, die Frauen nicht ausgenommen. Gerade der Besitz einer eigenen Wohnung, eigener Kinder und. einer eigenen Frau führe zur Selbstsucht.64 Sie ist das Kernübel, das Campanella als Ursache der sozialen Disharmonien identifiziert.
Das Arbeitsproblem wird auf ethischer Basis gelöst, gearbeitet werden täglich vier Stunden, und die Arbeit wird jedem einzelnen zugeteilt.65 Die übrige Zeit steht zur freien Verfügung, sie wird mit Lernen, Lesen, Spazierengehen, geistigen oder körperlichen Übungen ausgefüllt.66
Das Verteilungsproblem sieht denkbar einfach in seiner Lösung aus. Was der einzelne benötigt, hat er mit den anderen gemeinsam produziert. Er erhält es von der Gemeinschaft zurück, „und die Behörden achten streng darauf, daß keiner mehr erhält, als er verdient, jedoch auch keinem etwas Notwendiges vorenthalten wird“67. Es herrscht in allen Dingen Überfluß68 und es kann also ein Existenzminimum zugesichert werden. Die Verteilungsgerechtigkeit wird durch eine allgemeine Mittellage zwischen arm und reich angestrebt, da beide, harte Armut und Reichtum, moralisch verwerfliche Eigenschaften mit sich bringen. Die Alternative zu arm und reich ist die echte Gemeinschaft, in der sich die Gegensätze neutralisieren.69 Campanella erwähnt ausdrücklich das Vorbild mönchischen Zusammenlebens.
Während Ackerbau und Viehzucht außerordentlich viel gelten70, steht der Handel nur in geringem Ansehen. Um ihn dennoch betreiben zu können, werden Münzen geprägt. Das Geld gibt es im „Sonnenstaat“ weiterhin für den Kundschafter und Gesandten. Im Handel bestehen die Sonnenstaatler auf Naturaltausch, sie beschaffen auch für Geld, was sie selbst nicht haben.71

4.5 Zusammenfassung
Die „Civitas solis“ ist nach streng symmetrischem Plan aufgebaut. Die Ordnung des Idealstaats ist räumlicher, aber auch sozialer Natur; denn eine ebenso strenge Ordnung regelt das Zusammenleben, das dieser Utopie den Vorwurf, totalitär zu sein, eingebracht hat. Als Regulativ treten eine Vernunftethik und eine religiös fundierte Moralität auf, die auch den Grund für das Funktionieren des ökonomischen Bereichs abgeben. – Dessen Basis sind Ackerbau und Viehzucht. Da alle freiwillig – aufgrund der Ethik gibt es keine Faulheit und folglich keine Arbeitspflicht – arbeiten, herrscht Überfluß. Die beiden Pole der sozialen Ungerechtigkeit, arm und reich, werden mit einer Mittellage der Verteilung neutralisiert. Das bedeutet Sicherung des Existenzminimums und eine weitere Verteilung nach Verdienst, was nicht näher ausgeführt wird. Die Wirtschaft erscheint als stationäres Gebilde, in der Investieren nur als Ersatzinvestition vorstellbar ist, da kein Sparen stattfindet. Die ökonomischen Aussagen zum „Sonnenstaat“ sind, wenn man das ganze Werk betrachtet, von zentraler Bedeutung, auch wenn sie nicht immer sehr detailliert und kohärent sind. Campanellas Interesse gilt einem religiös-theokratischen Staatsmodell, einer Art Reich Gottes auf Erden kombiniert mit einem radikalen, unchristlichen Kommunismus (Frauen, Wohnung, Kinder und Produktion, Konsum sind gemeinsam) und mit einer heidnischen Astrologie.



5. Johann Valentin Andreae (1619)

5.1 Biographie
Johann Valentin Andreae wurde 1586 in Herrenburg geboren und starb in Stuttgart 1654. – Es war der Enkel von Jakob Andreae, einem berühmten Theologen seiner Zeit, der seit 1556 maßgeblich an der Reformation im süddeutschen Raum beteiligt war. Auch der Enkel war lutherischer Theologe, jedoch mit der Betonung der praktischen Seite der Lehre vom Christentum: Er wollte ein auf werktätiger Nächstenliebe gerichtetes Christentum durchsetzen und strebte eine christliche Gesellschaftsordnung an.

5.2 Geschichtlicher Hintergrund
Der geschichtliche Hintergrund, vor dem sich Leben und Werk des engagierten Schriftstellers Andreae konturieren, ist geprägt von dem verhängnisvollen Streit zwischen Katholizismus und Protestantismus. Als Antwort auf die große Bedeutung des Luthertums in Deutschland leitet Papst Gregor XIII. die katholische Restauration in Deutschland ein. In den folgenden Jahrzehnten verschärft sich die Gegenreformation durch die Aktionen Kaiser Rudolf II. und über die Jesuiten-Politik. Der Druck von außen führt zu Einigungsbestrebungen der zerstrittenen Protestanten, was sich 1577 in der Konkordienformel niederschlägt. Ihr Haupturheber ist der Großvater von Johann Valentin Andreae, Jakob Andreae, Kanzler der Universität Tübingen. Schließlich mündet der religiöse Gegensatz in den verheerenden Dreißigjährigen Krieg (1618–1648). Die „Christianopolis“ erscheint 1619.

5.3 Zur „Christianopolis“
Die „Rei publicae Christianopolitanae descriptio“ gilt allgemein als erste deutsche Utopie.72 Als Repräsentant des aufkommenden christlich-sozial gesinnten Bürgertums glaubt Andreae an das Ideal einer festgefügten Sozialordnung, deren ethische Normen einer imitatio Christi entnommen sind.73 Daraus ergibt sich auch seine Position gegen Morus und Campanella, z.B. bei der Frage des Gemeinbesitzes der Frauen, die die Humanisten bejahten. Obwohl Einflüsse Morus’ und Campanellas immer wieder festgestellt worden sind74, ist entscheidend, daß ein starker Reformwille vorliegt, der aus der konkreten Situation eines kirchenpolitischen Handelns entstanden ist. Andreaes Anliegen ist das Ideal des christlichen Lebens, die „societas christiana“, eingebettet in den idealen Staat.75 Das diesseitige Leben wird nicht resignativ als Jammertal hingenommen, sondern aktiv und im Überfluß der Dinge gestaltet.76

5.4 Die wirtschaftlichen Konzeptionen
Zwei charakteristische Eigenschaften scheinen in der „Christianopolis“ vorranging zu herrschen: der Überfluß und die vollkommene christlich-ethische Grundhaltung ihrer Bewohner. Beide Komponenten, die ökonomische wie die christlich-religiöse, wirken zusammen bei der Bildung eines idealen Staates, der sich zwar am Vorbild Christi ausrichten soll, dessen Zweck sich aber erst einmal in der hiesigen Welt erfüllt. Für die Republik „Christiansburg“ ist ein klarer, christlich-ethischer Katalog formuliert: Wahrheit, Frömmigkeit und Guttätigkeit.77
Weitere Ideale wie Gerechtigkeit und Gleichheit ergeben sich aus der Schilderung der Institutionen. Außerdem sind die Bewohner von „Christiansburg“ durch die vollkommenste Freundschaft verbunden.78 Einher gehen „Leutseligkeit“ und „Freigebigkeit“,79 die also, falls überhaupt nötig, als weitere Puffer für soziale und ökonomische Spannungen dienen. Um die Utopie im Modell überhaupt als denkbar konstruieren zu können, bedarf es wiederum einer vollkommenen ethischen Grundhaltung aller Beteiligten. Da aber auch hier das Fleisch schwach ist80, muß nun doch, in reduzierter Weise, die Sanktion eingeführt werden.81
Das Triumvirat, das die Republik leitet, befaßt sich nur mit den wichtigsten Fragen, unter ihnen die Ökonomie.82 6) „Christiansburg“ kommt mit extrem schwach ausgeprägten Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen, ebenso mit einem geringen Gesetzesapparat aus. Was in einem weniger idealen Staat geregelt und reguliert werden müßte, wird hier von der christlich vollkommenen Gesinnung der Bürger abgefangen bzw. geleistet.
Der Erzähler erreicht die utopische Insel nach einem Schiffbruch. Das erste, was er wahrnimmt, ist der „gesegnete Überfluß aller Dinge“83 und die intensive Bebauung und Nutzung des Landes. Dann folgt die Schilderung des reichen und lieblichen Landes im Stile des topischen locus amoenus, der hier als erstes positives Gegenbild zur eigenen Realität fungiert, indem er zeigt, wie es sein könnte. Die Güter sind also offenbar nicht knapp, was Konsequenzen und Voraussetzungen hat: Fast alle Güter sind quasi-freie Güter. Zu ihrer Herstellung bedarf es zwar der Anstrengung, gemessen am Bedarf herrscht aber kein Mangel, sondern allgemeiner Überfluß. Außerdem erfahren die Güter keine Bewertung, die man in Preisen ausdrücken würde. In „Christiansburg“ gibt es auch kein Geld. Nur im Außenhandel wird es verwendet und vor allem, da Überschuß vorliegt, eingenommen. Das fremdländische Geld wird in großen Mengen in einem Julius-Turm gehortet und dient dazu, im Notfall fremde Soldaten zu bezahlen, den Handel mit dem Ausland zu ermöglichen, Reisende zu beschenken und Gesandtschaften zu finanzieren.84
Die Verteilung der Güter erfolgt wöchentlich. Über die dazu erforderliche zentrale Planungsbehörde und die Verteilungsmechanismen erfährt man nichts. Die Illusion des Überflusses bleibt erhalten, da einmal für alle das Existenzminimum bereitgehalten wird, zum anderen bei Mehrbedarf Güter, allerdings unter bestimmten Bedingungen, nachgeholt werden können.85
Der Verzicht auf Geld hat eine weitere Folge, nämlich das Verschwinden des Gegensatzes von arm und reich; denn von privatem Besitz an Grund und Boden ist nicht die Rede, er ist in „Christianopolis“ aber auch unvorstellbar.86 Die genormten Wohnungen gehören allen gemeinsam bzw. keinem.87 An Hausrat besitzt jede Familie nur das Allernötigste, aus einem gemeinsamen Vorrat kann leicht Nachschub geholt werden.88 Da für die Konsumseite offensichtlich kein Wachstum vorgegeben ist und auch die Güter in Qualität und Menge den eher bescheidenen Ansprüchen angemessen sind – es herrscht z.B. Uniformierung – kann auf der Produktionsseite mit entsprechend bescheidenen Ansätzen gerechnet werden.
Es wird in „Christiansburg“ wenig gearbeitet, aber da jeder arbeitet und keine parasitären Verhältnisse entstehen können,89 reicht es sogar für den genannten Überschuß. Der wird um so leichter erwirtschaftet, als der arbeitspsychologisch interessante Grundsatz gilt, daß die Abwesenheit „knechtischen Zwangs“ die Arbeit erleichtert.90 Trotzdem bedarf es der Aufseher (praefecti), die die Arbeit einteilen und bestimmen.91
Aus dem Überfluß wird ein Außenhandel betrieben, dessen Vorzüge Andreae wohl zu schätzen weiß. Einmal füllt er den Julius-Turm, zum anderen werden die „Mannigfaltigkeit der Sachen“92, die jedem Land eigenen Reichtümer nach „Christiansburg“ gebracht, dessen Uniformität und Eintönigkeit Andreae wohl gespürt haben muß.

5.5 Zusammenfassung
Ähnlich der More’schen Utopie weist auch die „Christianopolis“ des Andreae die Charakteristika ‚Überfluß‘ und – in diesem Falle nicht humanistisch geprägte – ‚christlich-ethische Grundhaltung‘ auf. Ziel ist ein christliches Leben auf Gott hin, die ethischen Ziele der Gesellschaft sind gleichzeitig Instrumente für das übergeordnete Ziel. Basis des Wirtschaftslebens ist die Landwirtschaft, die nur Überschüsse produziert. Es gilt das als-ob Schlaraffenland-Prinzip, d.h. die „Güter“ sind quasi-frei, haben keine Preise, und es gibt kein Geld. Geld, das im Außenhandel eingenommen wird, wird für Verteidigungszwecke gehortet und für den Kauf von Gütern verwandt, die nicht selbst hergestellt werden. Auch hier wird offensichtlich regelmäßig für einen Überschuß der Handelsbilanz gesorgt. In einigen Eigentumsfragen (z.B. Wohnungen) herrscht ein gemäßigter christlicher Kommunismus, auch der Besitz an Grund und Boden kann wohl in diesem Sinne verstanden werden, obwohl Andreae sich nicht explizit dazu äußert.



6. Denis Vairasse d’Allais (1677–79)

6.1 Biographie
Der Forschung ist wenig über das Leben dieses einst vielgelesenen Autors bekannt. So nimmt man als Geburtsjahr 1630 an, über das Todesjahr herrscht Ungewißheit. Sein Name wird verschieden geschrieben, Vayrasse, Veirasse, Vairas, Veiras, auf jeden Fall stammte er wohl aus der Stadt Alais. – Er diente in der Armee, promovierte zum Dr. jur. und ging nach England, in die Dienste des Herzogs von York. Er kehrte nach Frankreich zurück und nach einem weiteren Intermezzo in der Armee begann er, sich als Englisch- und Französisch-Lehrer zu betätigen, er gab Geschichts- und Geographie-Vorträge. Er schrieb eine französische Grammatik. Einigermaßen berühmt machte ihn allerdings die „Histoire des Sévarambes“, von der er vorgab, sie sei aus dem Englischen übersetzt worden.

6.2 Geschichtlicher Hintergrund
Vairasse’ Lebenszeit fällt in etwa in die von Ludwig XIV. (1643–1715). Es ist die Zeit des Fronde-Aufstandes und Bürgerkriegs, in dem es um die – nicht erfolgreiche – Bekämpfung des Absolutismus Mazarins geht. – Der bedeutendste Mitarbeiter Ludwigs XIV. ist Jean Baptiste Colbert (1619–1683), der das Finanzwesen und die Wirtschaftspolitik leitet. Er war erfolgreich auf dem Gebiet der planmäßigen Wirtschaftsförderung im Sinne des Merkantilismus. Die staatliche Planwirtschaft betraf Schutzzölle, Übernahme fremder Herstellungsmethoden, Kanalbau, Vergrößerung der Handelsflotte etc. Es zeigte sich, daß die ökonomischen Theoreme erfolgreich in die Praxis umgesetzt werden konnten, was für Vairasse und spätere, auch Mercier, sicher nicht unwichtig war.

6.3 Zum Werk „Histoire des Sévarambes“
Was greifbar ist, ist die französische Ausgabe von 1677–1679. Daß sie aus dem Englischen übersetzt worden sei, wie der Titel behauptet, stimmt wahrscheinlich nicht.
Die Utopie erzählt als Rahmenhandlung die Geschichte eines Savoyer Edelmanns, der sich 1655 nach Ostindien einschifft. Ein Sturm verschlägt ihn in südliche Regionen, in das Land der Sévaramben. Er bleibt bei den Einwohnern etwa 15 Jahre und kehrt nach Europa zurück. Vor seinem Tod gibt er seine Aufzeichnungen dem Schiffsarzt, der sie seinerseits vermutlich an Vairasse selbst weitergibt.

6.4 Die wirtschaftlichen Konzeptionen
Die Bewohner von Sévarambe sind lustig und fröhlich, sind nicht zuletzt deswegen gesund und haben keine Sorgen. Es fehlt ihnen nichts und sie genießen mit Mäßigung.93 Keine Sorgen, keine Habgier, kein Mangel an irgend etwas, diese drei Bestimmungen sind verwirklichte Ziele und verweisen auf die ökonomische Struktur dieses Staates, von der sie sich ableiten. Um nachzuweisen, daß er das Prädikat „plus excellent que tous ceux qu’on a practiqués jusqu’ici“94 verdient, schildert Vairasse seine Vollkommenheiten auf nicht weniger als 515 Seiten (Edition von 1787). Auch in den Hauptartikeln der Gesetze des Staatsgründers Sévarias spiegelt sich die Bedeutung, die dem ökonomischen Bereich beigemessen wird. Von den sieben Hauptartikeln lassen sich vier auf das Ökonomische beziehen:
Besitzfrage, Müßiggang (d.h. Frage nach der Arbeit), Luxus (Ethik des Verbrauchens), Mäßigung. Es ist bezeichnend, daß diese Fragen weitgehend einen ethischen Bezugsrahmen haben. Die Sévaramber kennen kein Privateigentum, der Besitz an Gütern fällt dem Staat zu, der absolut über sie verfügt.95 Damit meint Vairasse, eine wichtige Quelle vieler Übel ausgeschaltet zu haben. Es gibt keine Gier nach Reichtümern mehr, auch keine Armut und keine Steuern. Außerdem sind alle Sévaramber reich; denn alle Güter gehören allen.96 Denn wenn jemand etwas Lebensnotwendiges braucht, erhält er es in jedem Fall, wenn er den Magistrat darum bittet. Zu keiner Zeit in seinem Leben besteht Mangel an Nahrung, Kleidung, Wohnung. Die primären Bedürfnisse werden gedeckt und, da ja Bescheidung als ethisches Postulat besteht, liegt „heureuse abondance“ vor.97 Die Waren werden verteilt, ohne das Hilfsmittel Geld einzusetzen.98 Zur Verteilung dient ein System öffentlicher Magazine, über die Vorräte angelegt werden.99
Um für diesen Lösungsweg argumentativ verwertbare Autorität heranzuziehen, behauptet Vairasse, sich in Übereinstimmung mit der Natur zu befinden. Drei Hauptzwecke werden ihr unterstellt: 1. die Erhaltung des Individuums, 2. die Erhaltung des Individuums in einem glücklichen Zustand und 3. Wachstum der Art.100 Das sehr menschliche Ziel der Glücksverfolgung ist in den Rang der biologischen Gesetzmäßigkeiten der Natur erhoben.<
Die Erhaltung des Individuums ist eine Grundforderung, die sich auf eine klare Bedürfnislehre stützt. Absolut notwendig sind Essen, Trinken, Schlafen.101 Das Leben soll aber – über das Existenzminimum hinaus – „süß und angenehm“ sein, so daß weitere Güter zur Befriedigung höherer Bedürfnisse nötig sind: körperliche Gesundheit, Seelenruhe (gemeint ist die Ataraxie, Vairasse zeigt sich hier und im folgenden als Kenner der Stoa), Freiheit, gute Erziehung und Ausbildung, tugendhaftes Leben, Umgang mit gebildeten Menschen, gutes Fleisch, Kleidung, bequeme Häuser. Voraussetzung bei dem Genuß dieser Dinge ist, daß man nicht sein Herz an sie hängt und mäßigen Gebrauch von ihnen macht.102 Bedenkt man die Vielzahl kultureller Aktivitäten, religiös und zivil motivierter Feste, das fortschrittliche Bildungswesen, so liegt hier keinesfalls das stumme Glück einer unentwickelten Gesellschaft vor.
Erwirtschaftet wird dieses Glück mit einem 8-Stunden-Tag, wobei die Arbeit eher leicht ist und einer sportlichen Ertüchtigung des Körpers gleicht.103 Die niedrigen Arbeiten werden von Sklaven – Vairasse glaubt nicht, auf sie in seinem Idealstaat verzichten zu können – verrichtet. Die Arbeit wird organisiert, indem auf 12 Arbeiter ein Verwalter kommt, der zur Arbeit anleitet.104 Der Hauptteil der zu verrichtenden Arbeit gilt dem Ackerbau, der mit aus Europa eingeführter Technik betrieben wird und deswegen „unendlich viel mehr“105 Ertrag bringt als bei den Wilden. Zum einen wird intensiver Gebrauch von Düngemitteln gemacht,106 zum anderen wird geradezu mit faustischem Elan neues Ackerland durch Kolonisation von Sümpfen und Wüsten erschlossen.107 Das Land ist nicht eine fertige Utopie, sondern unterliegt einem Entwicklungsprozeß dorthin.

6.5 Zusammenfassung
Die ökonomischen Grundstrukturen dieser Utopie sind die des Schlaraffenlandes, in dem der Kommunismus nichts zu kosten scheint. Keine Sorgen, keine Habgier, vor allem kein Mangel an Gütern. Privateigentum gibt es nicht, alles gehört dem Staat, und der Staat sind die Bewohner. Das sozialistische Konzept im ökonomischen Bereich setzt die ethisch-moralischen Anforderungen ursächlich voraus.
Die Verteilung der Güter erfolgt ohne das Tauschmittel Geld. Da keine Knappheit herrscht, werden alle Bedürfnisse befriedigt. Vorausgesetzt ist allerdings eine gewisse Selbstbeschränkung, da das Oberflußkonzept nur bei einer Konstanthaltung der Bedürfnisse funktioniert.
Die Arbeit ist leicht und hat sportlichen Charakter, für die damalige Zeit war ein 8-Stunden-Tag sicherlich utopisch.
Der Hauptsektor der Wirtschaft ist der Ackerbau, der durch Kolonisation ständig erweitert wird, so daß sich eine ganz allmählich entwickelnde Wirtschaft ergibt. Das Interesse Vairasse’ an ökonomischen Fragen ist nicht weit entwickelt, es fehlt dazu noch das begriffliche Instrumentarium, obwohl der Merkantilismus im 17. Jahrhundert schon Gedanken bereithält, die Vairasse beeinflußt haben könnten. So hat de Sully (1560–1641) vorgeschlagen, durch Steuererleichterungen die Lage der Landwirtschaft zu verbessern – Vairasse will die Steuern ganz abschaffen – und das Luxusgewerbe zu verbieten.108 Im ganzen aber hielten sich die Theoretiker in der Epoche Colberts zurück, da eine eigene Meinung in der Zeit des extremen Absolutismus gefährlich war.109



7. Johannes Gottfried Schnabel (1731–49)

7.1 Biographie
J.G. Schnabel (Pseudonym „Gisander“, „Gysander“) wird 1692 als Sohn eines Pfarrers in Sandersdorf bei Bitterfeld (Bezirk Halle) geboren. In Halle besucht er die Lateinschule, danach studierte er wahrscheinlich Medizin und auch die Barbierkunst. Das Studium schließt er vermutlich nicht ab. Er nimmt am Spanischen Erbfolgekrieg teil, tritt in die Dienste eines Kammerdieners ein, wird Herausgeber einer Zeitung. Er lebt in sehr bescheidenen Verhältnissen. 1731 erscheint der 1. Band des Romans „Wunderliche Fata einiger See-Fahrer, absonderlich Alberti Julii, eines gebohrenen Sachsens ..., dem Drucke übergeben von Gisandern“ (Band II folgt 1732, Band III 1736, Band IV 1743)110. Bis 1750 folgen weitere Schriften und zwei Romane, danach fehlen Angaben über weitere Lebensdaten sowie Todesdatum und Sterbeort.

7.2 Geschichtlicher Hintergrund
Die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts bietet in ihrer politischen Geschichte mit Karl VI. von Österreich und Friedrich Wilhelm I. von Preußen, dem Vater von Friedrich dem Großen, das übliche Bild von Kriegen, um territoriale Forderungen durchzusetzen. In diese Zeit gehört auch das seit dem Westfälischen Frieden durch ein geschwächtes Reich entstandene politische Vakuum, das immer mehr von den zwei mächtigen Staaten Preußen und Österreich ausgefüllt wird.
Geistesgeschichtlich bedeutsam ist die beginnende Aufklärung, die das Barock (1600–1770) ablöst. Ihr Erkenntnisprozeß ist auf die Befreiung des Menschen von Traditionen, Institutionen, Konventionen und Normen gerichtet, sofern sie nicht vernunftgemäß gerechtfertigt werden können. Konstituierend ist der Fortschrittsgedanke für die Gesamtsituation des Menschen, auch für seine moralische Vervollkommnung, und das Vertrauen, das in die Vernunft gesetzt wird.
Für Schnabel bedeutsam war ferner der Ende des 17. Jahrhunderts entstandene Pietismus, der bis ins 18. Jahrhundert hineinwirkte. Er entstand auf dem Boden des deutschen Protestantismus und wollte konsequentes christliches Handeln und Leben verwirklichen. Im Mittelpunkt steht dabei eine subjektive und individualistische Frömmigkeit, die auf Institutionen verzichten kann.

7.3 Zum Werk „Insel Felsenburg“
Das vierbändige Werk mit weit über 1000 Seiten ist vielfältigen Einflüssen verpflichtet, und man spricht daher von einer „Mischform der Prosaliteratur“111. So läßt er sich in die Tradition spanischer picaro-Romane einordnen sowie in die der Robinsonaden (Daniel Defoe, Robinson Crusoe, 1719) und der utopischen Erzählungen. Mit „Robinson Crusoe“ hat die Schnabelsche Utopie das Ausgesetztsein der Helden auf eine Insel und das Inselglück gemein, im Gegensatz zu Defoe schildert er aber ein Menschenpaar, das auf der Insel bleiben will und außerdem ein ganzes Volk durch eigene Fruchtbarkeit gründet. Uneingeschränkt allerdings handelt es sich um eine Utopie, in der vollkommene Zustände erstrebt und erreicht werden.

7.4 Die wirtschaftlichen Konzeptionen
Die eigentliche Utopie. beginnt mit vier Personen, von denen zwei umkommen. Sie entdecken eine Insel, auf der schon einmal eine Ur-Utopie verwirklicht worden ist. Im weiteren Verlauf, nachdem die zwei eine ökonomisch funktionsfähige ‚Robinsonade‘ aufgebaut haben, bekommen sie Zuzug durch Schiffsbrüchige. Sie können so ihre neun Kinder mit Ehepartnern versorgen. Es entsteht eine patriarchalisch organisierte Großfamilie mit vier Stämmen, die alle ohne jede Reserve oder jedes Problem dem „Altvater“, auch schon mal „König“ genannt, gehorchen. Ein Modell zur Konfliktlösung existiert nicht einmal, die individuellen Interessen decken sich mit der objektiven Allgemeinheit vollkommen. Die geringfügigen Abweichungen werden nach christlich-vernünftigen Maximen reguliert, die Vertretung eigener Interessen leicht aufgegeben zugunsten eines anderen. Die „Felsenburg“ ist nicht nur tugendhaft, sie ist überhaupt ein „irdisch Paradieß“112, dessen ökonomische Struktur eine landwirtschaftliche Basis hat.
Voraussetzung dieses utopischen Modells ist eine reiche Natur, fruchtbare Böden und günstiges Klima und Reichtum an nutzbaren Pflanzen und Tieren.113 Die Zeit von der Inbesitznahme der Insel bis zum ersten Ertrag eines systematischen Ackerbaus wird durch Angeln und jagen überbrückt. Dann herrscht aber gleich mit der ersten Ernte Überfluß an Getreide und Wein. Es handelt sich also nicht um ein Schlaraffenland noch um ein „retour à la nature“. Es muß gearbeitet werden, sechs Stunden in der Landwirtschaft, dazu Bau- und Ausbesserungsarbeiten, auch Zeit für Innovationen ist vorgesehen. Es existieren also Zivilisation und Fortschritt.114 Produziert wird ein Überfluß, den man in den ersten Jahren jeweils verkommen läßt. Die Struktur der Inselwirtschaft ist evolutionär auf Zuwachs und Weiterentwicklung hin angelegt. Wie sich aus der Wirtschaft mit zwei Arbeitskräften eine „Republik“ mit neuen Pflanz-Stätten entwickelt, so wird aus einer Subsistenzwirtschaft eine Überflußgesellschaft. Die Arbeit geschieht aus Lust115, es sei denn, man arbeitet bisweilen, um der dringenden Not zu gehorchen.
Privatbesitz und Geldverkehr werden auf der Insel gar nicht erst eingeführt. Da die „Brüderlichkeit“ als Grund der familiären Beziehungsstruktur wörtlich zu nehmen ist, werden Besitz und Geld nicht eigens thematisiert, ihre Bedeutungslosigkeit erscheint selbstverständlich.
Die in Utopien häufig anzutreffende Autarkie ist nicht vollkommen; denn einige Güter, die nicht selbst produziert werden können, werden dem Inselland durch Wracks bzw. Strandgut zugeführt, es werden auch schon einmal Güter importiert. Trotzdem besteht prinzipiell kein Außenhandel wie auch kein Binnenhandel.116 Das Horten eines großen Schatzes – sechs Tonnen Gold, Silber und Kleinodien dient nicht dazu, wie in früheren Utopien, Außenhandelsbeziehungen zu unterhalten oder im Kriegsfalle Söldner zu kaufen. Die Schätze werden gering geachtet, ihre Funktion besteht darin, als Versicherungsschutz gegen einen möglichen Notfall, der die ganze Insel treffen könnte, zu dienen.117

7.5 Zusammenfassung
Das brüderlich motivierte und verwirklichte Gleichheitsprinzip betrifft nicht nur die Arbeitszuteilung und Güterverteilung, sondern bezieht sich auch auf eine konforme Tugendhaftigkeit, die das Entstehen von Problemen unmöglich macht. So sind sich die Bewohner darüber einig, ihren „Vater und König“118 Gehorsam zu schulden, falls doch einmal Konfliktfälle zu klären sind. Im übrigen sind konfliktträchtige Berührungsflächen gering an der Zahl, da in den jeweiligen Pflanz-Stätten Autarkie herrscht und vergleichbare Zustände vorliegen. Die Utopie kommt mit einem Minimum an politischer und wirtschaftlicher Planung und Verwaltung aus. Jeder produzierende und konsumierende Haushalt plant für sich den Gesetzen der Natur folgend, entsprechend einer ausgedehnten Hofwirtschaft. Aus einer Keimzelle von zwei Gründern entwickelt sich ein großes und lebensfähiges Gebilde. Man erlebt also eine Utopie in statu nascendi und mit evolutionärer Dynamik. Gerade im Aufzeigen eines Weges zur Utopie hin liegt die beabsichtigte Überzeugungskraft des Schnabelschen Romans.

8. Louis-Sebastien Mercier (1770)

8.1 Biographie
Louis-Sebastien Mercier wurde in Paris im Jahre 1740 geboren und starb – ebenfalls in Paris – 1814. Mit 20 Jahren beginnt er seine Schriftsteller-Karriere, mit 25 geht er nach Paris und wird zum Vielschreiber: Erzählungen, Philosophisches, Theaterstücke, schließlich der utopische Roman: „L’an 2440“, vermutlich aus dem Jahre 1770. Während der Revolution hatte Mercier offizielle Funktionen inne, u.a. war er Mitglied des Rates der 500, der zweiten Kammer neben dem „Rat der Alten“, die machtpolitisch wichtige Befugnisse hatte.119 Bei allem revolutionären Enthusiasmus ist Mercier nur zu Anfang auf der Seite der Extremisten, der Jakobiner, mit denen er bald bricht. Mit dem bonapartistischen Regime arrangierte er sich nur leidlich, und er verlor im Alter den Kontakt zum Lesepublikum. Was von ihm bleibt, sind seine kulturhistorischen Werke, in denen er ein realistisches Bild der französischen Gesellschaft gegen Ende des 18. Jahrhunderts und der vorrevolutionären Zeit gibt.

8.2 Geschichtlicher Hintergrund
In die Mitte der Lebenszeit von Mercier fällt die Französische Revolution. Als sie ausbricht, ist er 49 Jahre alt. Ihre Beweggründe und Ziele finden sich in seinem Werk lange Zeit vorher formuliert und auch „L’an 2440“ spiegelt die Ideen, die Mercier mit den Zeitgenossen teilte, die an den Fortschritt und die Zukunft der Menschheit. glaubten: Rousseau, Voltaire und die übrigen Aufklärer, die Enzyklopädisten. Rousseau (1712–1778) forderte in seiner politischen Philosophie gleiche Rechte für alle Bürger, ein demokratisches Gesellschaftsmodell mit sozialer Kontrolle. Der absolutistischen Monarchie wird das Modell eines „contrat social“ entgegengehalten, den die selbstbestimmten Bürger kraft ihrer angeborenen Rechte auf Freiheit und Gleichheit eingegangen sind. – Das 18. Jahrhundert wird in Frankreich auch gerne das „Siècle de Voltaire“ genannt, da er im geistigen Bereich die Figur ist, die dieses Jahrhundert der Aufklärung beherrscht. Es war seine Grundüberzeugung und begründete seinen Optimismus, daß die Weltgeschichte von einem immanenten Entwicklungsgesetz geleitet wird: von der fortschreitenden Vervollkommnung der Vernunft. Auch nach seiner Überzeugung gibt es keinen Platz für eine absolute, feudale Monarchie. Er bekämpft sie zugunsten eines liberalen Bürgertums, das sich nach den Menschenrechten organisiert mit formeller Freiheit und Gleichheit aller Menschen vor einem allgemeinen Gesetz.

8.3 Zum Werk „L’an 2440“
Mercier ist Zeitgenosse der Revolution und hat sie in seinem Werk „L’an 2440“ 19 Jahre vorher „ideell konzipiert“120, wie er selbst nicht ohne Selbst gefallen schreibt und wie es die Forschung nur reduziert bestätigen mochte. Seinem Wesen nach war Mercier nicht revolutionär, sondern Reformer, der die Welt zu ihrem Besseren umgestalten will. So ist sein Werk in erster Linie kritisch, er beschreibt mit großem Realismus die Zustände seiner Zeit und geißelt sie mit beredtem Pathos. Das Ausdenken neuer Formen, die Konzeption einer imaginierten Zukunft tritt zurück vor der Anprangerung der Exzesse des 18. Jahrhunderts, des Absolutismus, der religiösen Intoleranz und des Fanatismus und auch der ökonomischen Fehler einer korrupten Staatslenkung. Mercier entwirft eine gemäßigte Utopie, die an die Stelle symmetrischer Städte der Renaissance eine gewachsene lebendige Stadt wie Paris setzt. Er will eine einfache Religion, die niemanden zwingt. Er will gerechte Gesetze, eine gemäßigte Gewalt, vom Volk ausgehend, und die Abschaffung der Privilegien und stattdessen Grundfreiheiten für jedermann.

8.4 Die wirtschaftlichen Konzeptionen
Mercier hat eine Kurzformel für seine Utopie gefunden, wenn er sagt, „j’ai détesté la tyrannie“121 und „désirer que tout soit bien est le voeu du philosophe“122. Die Schlüsselwörter seiner Wunschvorstellungen sind Glück, Einfachheit, Bescheidenheit, Vernunft und, aus Respekt vor dem Menschen, Freiheit und Gleichheit vor dem Recht. Sein Optimismus ist nicht naiv, sondern hat die Methode der historischen Analyse, bei der aus der Vergangenheit in die Zukunft eine (glückliche) Entwicklung projiziert wird.
Die Projektionen der Utopie in die Zukunft gibt Raum für die Entwicklung einer konkreten, historisch gegebenen Stadt, Paris. Die Verbindung zwischen Gegenwart und Zukunft verschafft der Traum, in den der Ich-Erzähler Mercier verfällt.
Im Frankreich und Paris des Jahres 2440 existieren Geld und Privateigentum. Die sich aus ihnen ergebende Ungleichheit wird hingenommen, da sie einmal nur als relative gedacht wird,123 zum anderen wird sie durch die verschiedenen sozialen Verhaltensweisen der Reichen kompensiert.124 Es handelt sich um einen Reichtum, der nach der grundsätzlichen Maxime dazu verpflichtet, daß die Bürger dieses Staates Brüder seien125, und die Interessen der Bürger untereinander und zwischen ihnen und dem Staat ausgeglichen werden müssen.126 Begründet wird die relative Ungleichheit mit den individuellen Unterschieden in Tugend, Begabung, Arbeitseifer. Wohl aus realistischen psychologischen Gründen vermeidet Mercier den ökonomischen Rigorismus der frühen sozialistischen Utopien, in denen dem Konzept der totalen Gleichheit die individuellen Fähigkeiten weitgehend geopfert wurden.
Das Los der Armen wird wohl bedacht, es werden öffentliche Magazine unterhalten, die es erlauben, den Brotpreis auf annähernd dem gleichen Niveau zu halten, indem bei erhöhter Nachfrage nach Korn bzw. bei mangelndem Angebot letzteres unterstützt werden kann.127
Der unkontrollierte Export von Korn wird von Mercier für schädlich gehalten, nicht jedoch der klug limitierte; denn der Überfluß, der im Ausland verkauft wird, ermöglicht den Import neuer Lebensmittel.128 Der unkontrollierte Export, der den Exporteuren hohe Gewinne verschafft, vergrößert oft den Mangel auf dem Binnenmarkt und läßt die Preise steigen.129 Die Physiokraten hatten sich geweigert, der Vorratswirtschaft beim Korn zuzustimmen, da sie der Freiheit des Handels und der Konkurrenz zuwiderläuft.130 Als Basis des wirtschaftlichen Reichtums wird, wie bisher in allen Utopien, die Landwirtschaft anerkannt. Im Gegensatz zu den früheren Utopisten, die vom rein quantitativen Ausmaß auf die Bedeutung der Landwirtschaft schlossen, kann Mercier sich auf die ökonomische Lehre der Physiokraten stützen, die auch noch im Jahre 2440 Geltung beansprucht. Im Gegensatz zu den Merkantilisten, die vor allem die Rolle des Handels und Gewerbes betonen, sahen Quesnay, dann Mirabeau, Turgot und andere mit ihrer agrarisch begründeten Theorie im Boden die einzige Quelle des Reichtums.131 Die Freiheit des Handels und das laissez-passer der Physiokraten allerdings werden von Mercier, aufgrund empirischer Beobachtungen, eingeschränkt und zurückgewiesen132, da er die Folgen dieser Politik nicht hinnehmen konnte.
Auf eine Ethisierung der Arbeit wird verzichtet, es heißt lapidar: „La tâche est moderée et dès qu’elle est finie la joie recommence“133. Ruhepausen aktivieren den Eifer, es gibt Spiele und ländliche Tänze zur Abwechslung.
Die überschüssige Produktion soll im Ausland verkauft werden, um Lebensmittel einzuführen.134 Allerdings sollen nur die Güter, die der heimische Markt nicht mehr aufnimmt, exportiert werden135, um, wie das Kornbeispiel oben zeigt, Knappheiten auf dem heimischen Markt zu verhindern. Was zählt, ist jedoch nur der Binnenmarkt, der sich in der Hauptsache auf Agrarprodukte stützt. Der früher ausgedehnte Außenhandel mit Genuß- und Luxusgütern wird für verderblich gehalten und als Grund für die fürchterliche Ungleichheit der Vermögen angesehen. In diesem Zusammenhang spricht Mercier von der Akkumulation von Gold und der Ausbeutung der Bauern bis zum absoluten Pauperismus.136 Diese Mißstände herrschen in Merciers utopischem Staat nicht mehr. Die großen Export-Import-Gesellschaften sind aufgelöst worden, da sie die individuellen Vermögen aufsaugen. Aus diesem Grund ist auch der Besitz Frankreichs an Kolonien aufgegeben worden.137
Die Entwicklung vom historischen Zustand zum utopischen Gesellschaftsmodell stellt sich Mercier als möglich vor: „Le bien n’est pas pluus difficile que le mal“.138 Zwar seien die menschlichen Leidenschaften ein großes Hindernis. Aber sobald die Geister aufgeklärt sind, werden sie gerecht und rechtschaffen. Dieser an Platon gemahnende Gedanke, daß das ethische Gutsein das Wissen zur Voraussetzung hat, entspricht dem Optimismus der Aufklärung, die an die Perfektionierung des Menschengeschlechts auf diesem Wege glaubte, nämlich daß ein immanentes Entwicklungsgesetz die Geschichte lenkt.

8.5 Zusammenfassung
Der methodische Ansatz Merciers ist, ganz im Sinne der Aufklärung, reformerischer Natur. Ausgangspunkt ist die Analyse der reflektierten Gegenwart und die Kritik an ihren vielfältigen Mißständen. Die ökonomischen Fehler werden einer korrupten Staatslenkung angelastet. Mit einer organisierten Gewalt, die vom Volk ausgeht, verspricht er sich die Lösung der ökonomischen Probleme, die er mit Elementen der Lehre der Physiokraten zu erreichen hofft.
Es existieren Geld und Privateigentum, die sich aus ihnen ergebende Ungleichheit wird hingenommen und durch Maßnahmen erträglich gehalten. So werden z.B. die Reichen zur Finanzierung wichtiger Innovationen verpflichtet. Ungleichheit wird mit angeborenen und erworbenen Eigenschaften begründet und zur Grundausstattung des Menschen gerechnet. Der Armut wird Rechnung getragen, indem bei den Grundnahrungsmitteln durch Intervention des Staates der Marktpreis konstant gehalten wird. Im Gegensatz zu den Physiokraten mit deren Grundsatz vom laissez-passer spricht sich Mercier gegen unkontrollierte Exporte aus, die den Binnenmarkt stören würden. Arbeit ist ein notwendiges Übel, das nicht weiter von Mercier ethisiert wird. Sie wird andererseits aber hoch eingeschätzt, da sie im Sinne der Smith’schen Konzeption als Quelle des Reichtums zu gelten hat.139

9. Etienne Cabet

9.1 Biographie (1840)
Etienne Cabet wurde 1788 in bescheidenen Verhältnissen in Dijon geboren und starb 1856 in St. Louis, USA. Seine berufliche Ausrichtung verlief nicht geradlinig; zunächst war er Lehrer, dann Rechtsanwalt, nach der Juli-Revolution (1830) bekleidet er ein hohes Staatsamt, schließlich wird er Abgeordneter der extremen Linken. Er tritt als Schriftsteller hervor und gründet die Zeitung „Le Populaire“. Er kommt mit dem Pressegesetz in Konflikt und flieht 1834 nach der Verurteilung für fünf Jahre nach England, wo er die Ideen Thomas Morus’ und Owens kennenlernt. 1840 veröffentlicht er den ‚roman philosophique‘ „Voyage en Icarie“. 1839 kehrt er nach Frankreich zurück und betreibt aktiv Propaganda für die in der „Reise nach Ikarien“ entwickelten Ideen. Er hält Vorträge, veröffentlicht Schriften und Bücher, die sein Konzept eines idealen Kommunismus darlegen.
Sein großer Einfluß beflügelt ihn, 1847 anzukündigen, er wolle in Texas eine Ikarische Kolonie gründen. Die ersten Anhänger schiffen sich bald ein, 1849 folgt ihnen Cabet. Zerwürfnisse führen dazu, daß er nach Nauvoo/Illinois umsiedelt. Dort ergeben sich ähnliche Schwierigkeiten, die schließlich zum Scheitern des Projekts führen. Er stirbt in den USA.

9.2 Historischer Hintergrund
Mit seinen Lebensdaten (1788–1856) fällt Cabet in eine der wichtigsten Epochen der europäischen Geschichte überhaupt. Es ist die Zeit der Französischen und der Industriellen Revolution. Beide Revolutionen haben weltgeschichtlich gewirkt und das Leben der Völker – sozial, politisch, ökonomisch und geistig – verändert. Auch in Cabets „Reise nach Ikarien“ finden sich beide Umwälzungen als geistige Strömungen von prägender Kraft.
Die Französische Revolution hatte vielfältige ökonomische Hintergründe wie das aufstrebende Bürgertum, das als ungerecht empfundene Steuersystem, Inflationswellen (ab 1787), die zu Hungersnöten führten. Aber erst die Koinzidenz mit schwachen Königen (Louis XV. mit seiner Genußsucht, Louis XVI. mit seiner Willensschwäche) und mit einer geistigen Vorbereitung durch den Rationalismus der Enzyklopädisten, deren Geist der Kritik keine Autorität unangefochten läßt und weiter mit der gefühlsbetonten Freiheitsforderung Rousseaus und schließlich der Zusammenfall mit dem nordamerikanischen Freiheitskrieg, den Frankreich unterstützt und der den radikalen Tendenzen Nahrung gibt, führen zur Revolution.
Die „industrielle Revolution“ ist die Bezeichnung für den Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft, wie er besonders durch wissenschaftlich-technischen Fortschritt bewirkt wurde (Dampfmaschine, mechanischer Webstuhl, Spinnmaschine etc. seit 1760 in England, seither in fast allen europäischen Staaten). Es ist der Übergang zur großkapitalistischen Industriewirtschaft, die die ersten proletarischen Arbeitermassen hervorbringt. Die wirtschaftliche und geistige Wirkung der Technik ist so groß, daß sie ein neues Zeitalter einleitet. Ihre optimistische bis überschwängliche Einschätzung drückt den Glauben an einen unbegrenzten Energiezuwachs aus, der das Unmöglich möglich macht.

9.3 Zum Werk „Reise nach Ikarien“
Den Roman „Reise nach Ikarien“ schrieb Cabet während seiner fünf jährigen Emigration nach London, die er sich aufgrund seiner an der Juli-Monarchie geübten Kritik eingehandelt hatte. Im dritten Teil seines Romans schildert er, wie er bei der Lektüre der „Utopie“ von Thomas Morus tief von der Idee der Gütergemeinschaft ergriffen wurde und so zum Kommunismus, den der bis dahin nicht für praktikabel hielt, fand.140
Als Cabet 1839 nach Paris zurückkehrt, hatte er die Absicht, eine große demokratische Partei zu gründen, um dann den ikarischen Kommunismus in Frankreich – ohne Revolution – allein durch die Lektüre des Buches einzuführen.141 Die Gründung der Partei scheiterte, das Buch aber wurde ein großer Erfolg bei den fortschrittlichen Arbeitern und den Kleinbürgern. „Es wurde zu ihrem Evangelium, das ihnen ein einsichtiges System und ein in allen Details ausgemaltes Ziel an die Hand gab. Ikarien wurde zum Erlösungsprogramm für alle Leidenden, Cabet zu ihrem Heiland.“142 Die enorme Popularität setzte sich um in Gründungen von Vereinen und Lesezirkeln, in denen das Buch rezitiert und diskutiert wurde. Cabet ließ seine Zeitschrift „Le Populaire“ wieder aufleben. So viel Erfolg zog die Kritik von rechts und links auf sich und zum ersten Mal wurde ‚Kommunist‘ ein Schimpfwort im politischen Sprachgebrauch.143
Die Ablehnung der gewaltsamen Revolution und die Konzeption von der Harmonisierung aller gesellschaftlichen Gruppen macht Cabet aus der Sicht des Marxismus zum Kleinbürger, der die Zeichen der Zeit – Klassenkampfcharakter der Gesellschaft und der Geschichte nicht erkannt hat (obwohl er Zeitgenosse des „Kommunistischen Manifests“ war).144

9.4 Die wirtschaftlichen Konzeptionen
In einem einfachen Raisonnement leitet Cabet im Vorwort zu seinem Werk ab, daß es unmöglich das Schicksal des Menschen sein könne, „d’être malheureux sur la Terre“.145 Die Realität zeige aber nur Unheil, dessen Quelle die schlechte Organisation der Gesellschaft sei. Deren Ursache hinwiederum sei die Ungleichheit, der alles Böse entspringt. Die Lösung besteht darin, die Gesellschaft nach dem Gleichheitsprinzip zu organisieren, was notwendigerweise die Gütergemeinschaft miteinschließt, und so stellt Cabet die Lösung seines utopischen Problems auf eine primär ökonomische Basis. Der Staat soll das Ziel verfolgen, die Menschen glücklich zu machen.146 Dies soll durch alle Gesetze angestrebt werden. Sie antworten auf eine scheinbar unproblematische Bedürfnisskala (zuerst das Notwendige, dann das Nützliche, schließlich das Anmutige) in einer Weise, daß jeder gleich den anderen in seinem Glück ist.147 Da das Glück weitgehend eine ökonomische Grundlage hat, ist seine Definition in einem kollektiven Sinn möglich; denn es hat ja als Voraussetzung die ökonomische Gleichheit, d.h. die Gütergemeinschaft. Sie liegt einmal darin, daß die Republik alles besitzt und die Republik aus dem Volk besteht, andererseits ergibt sie sich aus dem Produktions- und Konsumptionsprozeß mit der zwischengeschalteten Verteilung. – Es besteht Arbeitszwang, jedermann übt einen Beruf aus und arbeitet dieselbe Anzahl von Stunden (sieben im Sommer, sechs im Winter).148 Die Produkte werden in öffentlichen Magazinen gespeichert. Die primären Bedürfnisse Ernährung, Wohnung und Kleidung wie auch die anderen, werden durch Verteilung aus diesen Magazinen, die der Republik gehören, gedeckt. Zahlungsverkehr in irgendeiner Form existiert dabei nicht, auch der als Quelle vieler übel erkannte Unterschied von arm und reich kann dabei nicht entstehen. Die Bewohner Ikariens sind alle gleich reich, weil sie alle ohne Ausnahme arbeiten. So wird allgemeiner Überfluß produziert und das seltene Problem der Knappheit bei sehr wenigen Gütern wird mit Zuteilungsverfahren geregelt.
Als gelöst erscheint auch das Problem der zentralen Planung auf allen Ebenen der Produktion und der Verteilung sowie, im nichtökonomischen Bereich, der Verhaltenssteuerung und der Ethik. Als alleinige Besitzerin und Eigentümerin organisiert die Republik ihre Arbeiter und baut die Werkstätten und Magazine. Allein in ihrer Hand liegt die Produktion der Güter149 sowohl der, die den Primärbedürfnissen dienen als auch derjenigen, die Bedürfnissen nach Pracht und Luxus genügen. – Die Republik bestimmt in einem Einjahresplan, welche Güter hergestellt werden müssen. Es ist auch der Staat, repräsentiert durch ein „Komitee der Industrie“150, der den Faktor Arbeit vollständig beschäftigt und absorbiert, so daß keine private Güterproduktion existiert. Alles wird in zentralen Nationalwerkstätten, Nationalfabriken, National Manufakturen hergestellt.151 Die Zentralität hat den Vorteil, die Qualität der Anlagen positiv zu beeinflussen, „gute“ Innovationen schnell einzuführen, Werkschulen für die Arbeiter gründen und unterhalten zu können. Es ist auch der Staat, der die Produkte in seinen Magazinen sammelt und an die Arbeitenden austeilt.152 Neben die ethische Begründung der Gütergemeinschaft tritt eine ökonomische für die Zentralplanung, die deren erhöhte Effizienz behauptet.
Schon beim Übergang von der historischen Gesellschaft zur utopischen dient die zentrale Planung als entscheidendes Instrument der Realisierung. Tabellen und Statistiken153 sind für die „Kommission der öffentlichen Arbeiten“ wesentliche Voraussetzung, wie das Erstellen von Mustern und normierenden Prototypen und das Anlegen riesiger Vorräte.
Planung setzt ein Ordnungssystem voraus, aus dem die Kriterien für die planerischen Maßnahmen abgeleitet werden können. Einzelne wichtige Elemente dieses Systems wie Tabellen, Statistiken, Normierungen und Zentralität werden von Cabet angeführt. Die Reibungspunkte, die sich bei der Umsetzung in Planung ergeben, z.B. Koordinierung der Informationsflüsse, werden allerdings im dunkeln gelassen. Ordnung hat einen so hohen Stellenwert, daß ihr Nicht-Funktionieren gar nicht erst in den Horizont tritt. Sie ist mehr als sonst das konstituierende Element der Utopie. Die Ordnung in „Ikarien“ ist „rein“, „klar“, „unverwirrbar“154. Sie wird durch Gesetze verwirklicht, die die Ernährung, Kleidung, Wohnung, aber auch die Arbeit, Erziehung und die Vergnügungen regelt.155 Sie ist der Garant für die Gleichheit und Gerechtigkeit wie für das Funktionieren der Wirtschaft. Cabet behauptet: „Die Ordnung hat solchen unbesiegbaren Anreiz für den Menschen, vorausgesetzt, daß sie nicht erzwungen und folglich ermüdend und langweilig ist, daß kein Ikarier sich ein ungeordnetes Leben wünscht.“156 Mit einer normalen Ordnungsliebe stellt er seinen Ordnungsperfektionismus, ja -fanatismus gleich.156 Die ethische Seite der Ordnung ist die Selbstherrschaft, die jeder individuell – zu leisten hat158 und in Ikarien gern zu erbringen bereit ist.
Neben der Gütergemeinschaft und der systematischen und ethischen Bedeutung der Ordnung gibt es noch einen weiteren Pfeiler, auf dem das Glück Ikariens aufruht. Es sind die Naturwissenschaften bzw. die aus ihnen ableitbare, ökonomisch relevante Technik, die eine relative Befreiung von der Arbeit erlaubt bei einem erheblich höheren Lebensstandard, als er damals für breite Volksschichten üblich war. Sie macht die Arbeit leicht, bequem, angenehm und kurz.159 Die Maschinenfabriken sind „riesig“ und „zahllos“ und produzieren „rastlos“ eine große Menge von Produkten.160 Der Fortschritt, den sie mit sich bringen, muß notgedrungen zu politisch-sozialen Umgestaltungen führen.161 Die ikarische Gesellschaft ist nicht-stationär konzipiert. Das engmaschige Ordnungsdenken sieht Cabet allerdings auch nicht dadurch gefährdet, daß Entwicklungen Ordnungen sprengen können. Die in Ikarien durch technischen Fortschritt und Arbeitszwang gesteigerte Produktivität und Produktion wird einmal zur Versorgung und Vorratshaltung genützt, zum anderen dient der Überschuß dazu, mit dem Ausland in Handelsbeziehungen auf Tauschbasis und auf staatlicher Ebene zu treten. Das Volk, bzw. die Abgeordneten beschließen, welche Güter importiert werden sollen. Wichtiges Kriterium dabei ist die Allokation der Ressourcen. Bei Produkten, die leicht im Ausland zu beschaffen sind, verzichtet man auf eine eigene Herstellung. Ikarien gibt sich also nicht autark und ist offen gegenüber dem Ausland.

9.5 Zusammenfassung
Cabets Konzeption vom Glück ist, angesichts des Elends seiner Zeit wohl verständlich, wirtschaftlich begründet. Die instrumentellen Begriffe von Gleichheit und Gütergemeinschaft sowie von systematischer und ethischer Ordnung eliminieren ein bürgerliches Glückskonzept, das auf Individualität beruht. Das Glück und das Bemühen um Glück sind in einer kollektiven wirtschaftlichen Anstrengung verankert. Die gebündelten Kräfte schaffen eine Überproduktion, so daß „nicht-knappe“ Güter ohne Geld verteilt werden können. Zwei Mittel dienen diesem Ziel, einmal rigorose Planung und Zentralität bei Produktion und Verteilung, zum anderen der Fortschritt der Naturwissenschaften und Technik.
Die Explikation des gütergemeinschaftlichen Gedankens als Strukturprinzip einer idealen Republik wäre unvollständig ohne Annahme einer ethischen Vervollkommnung der Menschen, die in dieser Utopie gelernt haben müssen, ihre Affekte und Leidenschaften total zu beherrschen und der Vernunft den Primat zu geben. Trotz dieser individuellen – Selbststeuerung bleibt die rigorose Anbindung an die kollektive Ordnung notwendig.

10. Edward Bellamy (1888)

10.1 Biographie
Edward Bellamy162 wurde 1850 in Chicopee Falls (Mass., USA) geboren und starb ebendort 1898. Er wuchs auf im Geiste des elterlichen Pfarrhauses, das von moralischem Idealismus und liberalem Christentum stark geprägt war. Seine ersten direkten Eindrücke vom Elend des Proletariats erhielt er schon in frühen Jahren in den Baumwollspinnereien seines Heimatortes, wo Frauen- und Kinderarbeit – bei bis zu zwölf Stunden pro Tag – üblich waren. Die Eindrücke, die ihn erschüttert hatten, wurden für sein Leben entscheidend, das er den Armen und Rechtlosen widmen wollte. Sein Studium legte er breit an – Philosophie, Geschichte, Sprachen, Naturwissenschaften – schließlich Jura. Er zog dem Anwaltsberuf, wohl wegen der Möglichkeit, etwas zu bewirken, den des Journalisten vor. Ab 1880 hat er eine eigene Zeitung. – Seit 1879 war Bellamy schriftstellerisch tätig, er schrieb mehrere soziale Romane, bis 1880 „Looking backward 2000–1887“ erschien. Den ungeheuren Erfolg seines Buches wollte Bellamy ausnutzen, indem er eine sozialreformerische Organisation „New Nation“ gründete (1891) und Vortragsund Propagandareisen unternahm, um für seine Ideen zu werben. überall in den USA entstanden Bellamy-Clubs. In den letzten Jahren seines Lebens steigert Bellamy noch einmal die Aktivitäten für seine Ideen und Ideale, bis er 1898 an Tuberkulose stirbt.

10.2 Historischer Hintergrund
Bellamys äußere Lebenswirklichkeit ist vor allem geprägt durch die Industrialisierung in den USA, der Bildung von Syndikaten und Trusts, d.h. von einer fortschreitenden Kapitalkonzentrierung und der mit ihr einhergehenden Verelendung des städtischen und ländlichen Proletariats. Die Zeit ist gekennzeichnet von einer Vielzahl blutiger Auseinandersetzungen, zumeist Lohnkämpfe und Streiks, die Unternehmer und Arbeiter konfrontieren, aber auch von Zusammenbrüchen (1873 und 1893) und Krisen mit nachfolgenden Depressionen, die zu Unterdrückungsmaßnahmen führten.163 Die Zuspitzung zu den ersten großen Wirtschaftskrisen mit einer weiteren Verschärfung der Gegensätze zwischen Unternehmern und Arbeitern erfolgte erst 1907.

10.3 Zum Werk „Looking backward 2000–1887“
Der Erzähler und Held der Geschichte, Julian West, ist Angehöriger der Bostoner Oberschicht. Er fällt im Jahre 1887 in einen hypnotischen Schlaf und wacht im Jahre 2000 in einem genossenschaftlich-sozialistisch organisierten Idealstaat wieder auf. Privateigentum, Handel und Geld sind abgeschafft, Ausbeutung und soziale Ungerechtigkeit sind beseitigt. An die Stelle einer antagonistischen Klassengesellschaft ist klassenlose Harmonie getreten. Statt individuellen Strebens gilt das gemeinschaftliche Wollen in jedem Lebensbereich. Die obersten Ziele, Gerechtigkeit, Gleichheit und Glück, sind für alle erreicht. „Looking backward“ war einer der einflußreichsten Bestseller der amerikanischen Literatur, mit hohen Auflageziffern, vielen Übersetzungen und Clubgründungen (in den USA über 160).164 Von besonderer Bedeutung war, daß Bellamy das Konzept, daß die Regierung für das politische, ökonomische und soziale Wohlergehen des Volkes verantwortlich sein soll, zu einer allgemein verbreiteten Idee machte. Sie wirkte auch auf Franklin D. Roosevelt und seine Administration in Richtung auf die politische Konzeption eines modernen Wohlfahrtstaates.165 Die Wirkungsgeschichte dieses Werkes wird denn auch von der amerikanischen Kritik sehr hoch eingeschätzt, laut John Dewey u.a. rangiert es in seiner Wirkung auf Denken und Handeln nicht nur in Amerika gleich nach K. Marxens „Das Kapital“166. Ob Bellamy die Werke von Marx und Engels gekannt hat, ist allerdings zweifelhaft. In wesentlichen Punkten findet sich keine Übereinstimmung zwischen seinem Sozialismus und den Ideen von Marx. Der von Bellamy vertretene Sozialismus ist christlich geprägt, also nicht materialistisch begründet. Auch wenn der metaphysische Ansatz vordergründig nur sporadisch zum Tragen kommt, so bestimmt er doch die zugrundeliegende Ethik der erzählten Utopie. Die Umwälzung zum Idealstaat erfolgt nicht zwangsläufig und in einer blutigen Revolution, sondern aufgrund eines friedlichen, evolutiven Wegs zum Sozialismus durch Reformen.
Die Kritik am „Rückblick“ zeigt, daß dieses Werk von Anfang an im politischen und wirtschaftlichen Lager ernst genommen wurde. Das rechte Lager, das Individualismus und freies Unternehmertum favorisiert, wurde durch völlige ökonomische Gleichheit und Verstaatlichung der Produktionsmittel abgeschreckt das linke Lager der Marxisten stieß sich an der Voraussage einer ökonomischen Entwicklung ohne Klassenkämpfe.167 Aber. auch unter den Kritikern, die sich auf die ökonomischen Implikationen des „Rückblicks“ einließen, gab es viele, die die Konzeption von der industriellen Arbeiterarmee mit ihrer Tendenz zur Reglementierung und zum Totalitarismus168 für äußerst bedenklich hielten.

10.4 Die wirtschaftlichen Konzeptionen
Obwohl Bellamy kein Nationalökonom ist noch ein wissenschaftlicher Sozialist, gibt er den wirtschaftlichen Problemen und ihren Lösungen – neben der ethischen Frage – den zentralen Stellenwert. Es geht ihm um den Nachweis, daß seine Konzeption einer völligen ökonomischen Gleichheit, ohne Geld, ohne Handel und ohne Eigentum, nicht nur besser als jedes andere ökonomische System funktioniert, sondern das einzig sinnvolle und wünschbare ist. Den normativen Absolutheitsanspruch teilt er mit fast allen früheren Utopisten. Was ihn auszeichnet vor allen anderen, ist die Konsequenz, mit der er das Erklärungsziel mit dem Gestaltungsziel verbindet, die subtile Detailanalyse mit entsprechend radikalen Lösungsvorschlägen. Sie bringen jenseits der Frage nach der Stichhaltigkeit der Einzelargumente einen kohärenten Gesamteindruck hervor.
Erst gegen Ende seines Romans macht Bellamy dingfest, was er für den Grund allen Übels hält: „Geld ist die Wurzel allen Übels“;169 denn seine verderbliche Wirkung ist gleich dreifach: Einmal entzieht die Verwaltung des Geldwesens dem Arbeitsheer produktive Kräfte, es fördert zum zweiten die verderblichen Krisen des Wirtschaftslebens, schließlich übt es allgemein einen entsittlichenden Einfluß aus. Die Konzeption des Arbeitsheeres ist von zentraler Bedeutung für die Struktur der Utopie Bellamys. So besteht für alle Bewohner der USA im Jahre 2000 Arbeitspflicht,170 die auch Frauen und Invaliden umfaßt.171 Sie ist „natürlich“ und „vernünftig“,172 und da die Berufswahl die Neigungen berücksichtigt, entfällt der Eindruck, eine Pflicht zu erfüllen.173 Der Arbeit wird der Charakter einer angenehmen Anregung zugeschrieben.174 Die Nachfrage nach bestimmten Berufen ist der Indikator für ihre Anziehungskraft. Den Ausgleich von Angebot und Nachfrage schafft die Regelung, daß in „schweren“ Gewerben die tägliche Arbeitszeit kürzer ist als in „leichteren“.175 Trotz der reklamierten Liberalität bei der Berufswahl nach Neigung ist der Ablauf des Arbeitslebens in der Arbeitsarmee fest reglementiert.176 Deren Gliederung ist der militärischen analog.177 Der Höchstkommandierende des Heeres ist gleichzeitig Präsident der Vereinigten Staaten. Das Arbeitsheer hat also die Funktion, die Produktion sicherzustellen, dient aber auch der politischen Kaderschmiede. Gleichzeitig bringt sein Konzept zum Ausdruck, daß alle ohne Konkurrenzgefühl mit ihren gesellschaftlichen Kräften zusammenwirken. Der Verzicht auf den bürgerlichen Individualismus steigert die Produktion um das Zehnfache.178
Bellamy behandelt die Arbeitspflicht im Rahmen des Arbeitsheeres extensiv. Das macht deutlich, wie im Vergleich zu den Renaissancehumanisten die ökonomisch wie psychologisch und ethisch argumentierende Theorie an Umfang gewonnen hat. Es wird erkannt, daß mit dem Ethos des „Neuen Menschen“, wie er heute im Bereich des Kommunismus gelten soll, die Utopie steht und fällt. Als ethisches Axiom, das das Heer funktionieren läßt und Wohlfahrt und Wohlleben für alle garantiert, wird die Brüderlichkeit genannt.179
Die Produktion der Güter liegt allein in den Händen des Staates, der sie auch ausschließlich und direkt über nationale Vorratshäuser verteilt.180 Das Geld ist abgeschafft, stattdessen gibt es ein Kreditsystem. Am Jahresanfang wird für jeden Bürger ein Kredit eröffnet, „der seinem Anteil an der jährlichen Gesamtproduktion des Landes gleichkommt“.181 Darüber erhält jeder eine Kreditkarte, von der die Käufe abgebucht werden. Die Karte ist nicht übertragbar, sondern streng persönlich, man kann ihre Beträge also nicht akkumulieren. Es gibt die Möglichkeit eines beschränkten Vorschusses auf das nächste Jahr.182 Der Betrag, übrigens in Dollar, den jeder einzelne erhält, ist gleich hoch; denn in Bellamys Utopie wird nicht die quantitative Leistung bewertet, sondern die moralische, die darin besteht, daß alle – nach dem Maß ihrer Anstrengung – gleich sind. Das Prinzip für die Verteilung ist darin begründet, daß jeder einzelne ein Mensch ist.183 Damit hält Bellamy die ethischen Postulate Gerechtigkeit und Brüderlichkeit für erfüllt. Mit der Gleichverteilung verbindet sich die Garantie des Staats, jedem einzelnen ein Leben lang „Ernährung, Erziehung und eine angenehme Lebenshaltung“184 zu gewähren, also mehr als das Existenzminimum; denn der jedem zustehende Betrag ist „recht groß“185 und kann kaum ausgeschöpft werden.
Das Kreditkartensystem setzt voraus, daß die Güter mit Preisen bewertet werden, damit ein Nationalprodukt ermittelt wird, das auf die Kreditkarteninhaber rechnerisch aufgeteilt werden kann. Der Wert aller Güter wird nach Dollar und Cent abgeschätzt186 und bemißt sich nach der „natürlichen Grundlage“187 der Kosten der Arbeit, die zur Erzeugung eines Gutes aufgewendet werden mußten. Ober den nötigen Referenzrahmen zur Bewertung der Arbeit wird nichts Näheres gesagt, wohl aber über den der Preise: Sie sind primär- relativ zueinander, nach Maßgabe der aufgewandten Arbeit gestaffelt, aber auch Transportkosten und Seltenheit der verarbeiteten Stoffe werden im Preis berücksichtigt. Damit wird versucht, den Marktmechanismus Angebot und Nachfrage für die Verteilung zu nutzen. Er wird in der Regel nicht wirksam, da in diesem Idealstaat fast alle Güter nicht knapp im Vergleich zu den Bedürfnissen sind. (Im gegenteiligen Fall, bei allgemein knappen Gütern, müßte das Versorgungs- und Verteilungssystem mit üppig ausgestatteten Kreditkarten (ohne Übertragbarkeit) zusammenbrechen).
Produktion und Verteilung werden zentral und planvoll gesteuert, an der Einrichtung des Zentralwarenlagers wird die planmäßige Organisation noch einmal exemplarisch vorgeführt.188 Angelpunkt der Argumentation zugunsten der Zentralität ist die Einfachheit dieses Verfahrens und die mit ihm verbundene Ersparnis an Arbeit, die an anderer Stelle produktiv eingesetzt werden kann. Voraussetzung für das Planungswesen ist das Erstellen von exaktem statistischen Zahlenmaterial, das auch das Berechnen von Trends und von zu- und abnehmender Nachfrage allgemein voraussetzt. Die Leistungsvermögen der einzelnen Betriebe sind ebenfalls bekannt.189 Zusätzlich zu diesen im Sinne der Utopie idealen Zustände bleiben Arbeitskräfte frei, um für Ersatz- und Neuinvestitionen zu produzieren. Eine evolutive Wirtschaft setzt aber voraus, daß die Bedürfnisse der Menschen als wandelbar und vor allem steigerungsfähig konzipiert werden, eine Voraussetzung, die Bellamy nicht macht, wie sich aus dem Nicht-Knappheits-Axiom seiner Wirtschaftskonzeption ergibt.

10.5 Zusammenfassung
Die Widersprüche in Bellamys wirtschaftlichen Konzeptionen sind nicht einfach zu behebende Störfaktoren, sondern begründen den Charakter des Utopischen. – Aber sein Werk beweist auch, daß Irrtümer und Fehler eine positive historische Wirkung haben können. Mit emotional-rhetorischer Kraft prangert er an, daß der Mensch des Menschen Wolf ist und entwirft ein Wunschbild, in dem die ethische Basis und die allgemeine Wohlfahrt unvergleichlich besser entwickelt sind. Er hat erreicht, daß diese Ideen und das Denken in Alternativen zum Kapitalismus Allgemeingut breiter Schichten wurde. In Bellamys Utopie ist eine strenge Einbindung und Hierarchisierung der Menschen im Arbeitsheer gegeben. Sie trägt zweifelsfrei totalitäre Züge; denn über diesen wirtschaftlichen Hebel funktioniert das System kontrollierend in allen Bereichen, im politischen (Regierungsbildung) wie im ethischen (Arbeitsmoral statt Arbeitspflicht). Das kollektive Zusammenwirken aller Kräfte ist Instrument dieser Wirtschaft und auch ihr ethisches intermediäres Ziel. Der bürgerliche Individualismus gilt als überwunden, da er sich in Produktion und Gestaltung der Arbeitswelt als ineffizient und unmoralisch erwiesen hat. – Der Staat ist alleiniger Produzent und Verteiler der „Güter“. Damit ist Geld unnötig geworden, Kreditkarten sichern die Bezugsrechte, die sich aus dem für alle gleichen Verteilungsschlüssel ergeben und die die Tauschmittel- und Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes eliminieren. Die nötige Bewertung übernimmt ein relatives Gefüge von „natürlichen Preisen“, bei denen die Smithschen „Produktionskosten“ hier auf die Lohnkosten reduziert werden. („Arbeitswert“ im Urzustand der Produktion bei Smith).190
Konsumieren „aus dem Vollen“ und ohne Sparen ist für die Bewohner dieser Utopie kein Grenzfall möglichen Wirtschaftens, sondern die Regel. über freibleibende Arbeitskräfte wird jedoch für Ersatzinvestitionen „gespart“. Sie reichen – und insofern handelt es sich nicht um eine stationäre Wirtschaft – auch für Neuinvestitionen. Da auch nicht von einer evolutiven Wirtschaft gesprochen werden kann, läßt sich am Konzept des Sparens ein grundlegender Fehler in Bellamys System feststellen.

11. Anti-Utopien der Moderne: Wells – Huxley – Orwell

11.1 Begriff der Anti-Utopie
Je nach Interpretation als Neben- oder Unterbegriff der Utopie erscheint im 20. Jahrhundert die Anti-Utopie, auch „Gegen-Utopie“ oder „Negative Utopie“ genannt.191 Da der Begriff nicht einheitlich gebraucht wird, ist es angebracht, ihn definitorisch zu umreißen.192 Vom Wort her müßte er sich auf Werke beziehen, die sich in ihrer Zielsetzung gegen „Utopien“ wenden, sie angreifen und widerlegen wollen. Die Anti-Utopie würde also positiv-konstruktive Entwürfe einer besseren bzw. idealen Gesellschaft in Frage stellen, wie sie vor allem das Fortschrittsdenken des 19. Jahrhunderts hervorgebracht hat. Der hier vorliegende Begriffsumfang wäre zu eng, um der modernen Utopie-Literatur gerecht zu werden. Ein erweiterter Begriff setzt nicht mehr eine literarische Vorlage als Angriffsobjekt voraus, sondern zielt gegen alle Spielarten totaler Manipulationen von Gesellschaft und Individuum, gegen totale Bestimmung und Kontrolle des Menschen durch entmenschlichte Instanzen. Es wäre allerdings falsch anzunehmen, die Anti-Utopien seien ihrerseits nicht utopisch, nur weil sie sich gegen historische und literarische Ausformungen von Utopie wenden.193 Sie versteht sich eher als Schocktherapie, will zum präventiven Handeln aufrufen und verfolgt dabei durchaus eigene, utopische Ziele.
Aus drei Gründen lassen sich die hier behandelten Utopien gut zusammenfassen. Einmal gehören sie zu den bekanntesten Werken dieser Gattung im 20. Jh., zum anderen handelt es sich um Utopien mit großer Schockwirkung, schließlich scheinen sie repräsentativ zu zeigen, daß in dieser Form der Utopie das uns interessierende Problem, nämlich das ökonomische, fast ganz an den Rand gerückt ist. Stattdessen werden Konzepte, die sich in früheren Utopien (z.B. Bellamy) oder in der Wirklichkeit (Totalitarismus) finden, zu Ende gedacht. Der Schock ergibt sich für den Leser aus dessen hergebrachter Wertskala im Vergleich mit ihrem fiktiven Endzustand in einer „Neuen Welt“.

11.2 H. G. Wells „The Time Machine“ (1895)
In H.G. Wells’ „The Time Machine“ (1895) hat der Schock des Rezipienten durchaus etwas mit dem Ökonomischen zu tun. Der Zeitfahrer in das Jahr 802.701 n.Chr. trifft auf Menschen, die im goldenen Zeitalter leben. Sie arbeiten nicht und leiden keinen Mangel. Der Preis, den sie zu zahlen haben, erscheint uns allerdings hoch, sie sind degeneriert und (liebenswürdig) verblödet. Dahinter steht das Konzept, daß die Evolution der Gesellschaft im ökonomischen und allgemeingesellschaftlichen Bereich zu Harmonie und Wohlstand und schließlich umkippend zur Degeneration führt. Immer wieder wird betont, daß Not und Mangel die besten Qualitäten des Menschen hervortreiben,194 wobei aber die paradoxe Situation übersehen wird, daß gerade diese Qualitäten die beruhigte Lage von Zufriedenheit und Sicherheit wenn nicht zwangsläufig herbeiführen, so doch auf sie abzielen. Der Sieg der Menschheit war nach Wellst Fiktion zu perfekt, er wünscht sich in seiner Utopie eine Gesellschaft in einem kritisch-utopischen Zustand, in dem Schmerz und Not noch eine positive Funktion haben. Die Notwendigkeit dieser Forderung unterstreicht Wells mit einer makabren Umkehr der vermeintlich positiven Utopie in ihr Gegenteil: Die glücklichen Oberweltmenschen sind das Mastvieh der Unterweltmenschen, die für sie arbeiten, um sie dann schlachten zu können. Wer das antagonistische Element aufgibt, weil er das goldene Zeitalter erreicht hat, so die Botschaft, zahlt einen zweifachen Preis, bei allem Wohlfahrtsgewinn: Er degeneriert und wird Beute eines Stärkeren, im vorliegenden Fall des früheren Klassenkampfgegners. Das zu Ende gedachte Glück der Utopien wird erreicht und schlägt in sein Gegenteil um.

11.3 A. Huxley „Brave New World“ (1932)
Aldous Huxleys „Brave New World“ konfrontiert die extrapolierten Errungenschaften moderner Wissenschaft und Technologie (siehe Gen-Manipulation) und die Wünsche, wie sie in manchen Utopien zum Ausdruck kommen (z.B. Ideal der Gleichheit), mit dem Ideal des einfachen, individuellen Lebens. Auch hier soll die Schockutopie vor einer negativen Entwicklung präventiv wirken, eine ganzheitliche Individualität vor Formen des Barbarentums bewahren.195 Auf dem Hintergrund ganzheitlichen Denkens und Fühlens muß es als barbarisch erscheinen, wenn eine Gesellschaft das Individuum auf seine Funktionsfähigkeit reduziert und nur die von ihr kontrollierten Funktionen gelten läßt. Die Flucht in die private Welt, die mit dem Rauschmittel Soma in „Brave New World“ möglich erscheint, verläuft ebenfalls über kontrollierte und standardisierte Träume.
Der totalitäre Staat, der das politische, gesellschaftliche und individuelle Leben steuert,196 kontrolliert auch die Wirtschaft. Das hierarchisch gegliederte System – von alpha bis epsilon geht die Einteilung der Schichten – schafft sich durch Gen-Manipulation seine nützlichen Idioten auf jeder Ebene, die ohne jeden Rest im Sinne des Systems funktionieren. Da alle konditioniert werden, die Arbeit und die soziale Bestimmung zu lieben, braucht es keine Ethisierung der Arbeitspflicht zu geben wie in früheren Utopien.197 Das System arbeitet offensichtlich mit hochentwickelten und effizienten Produktionsverfahren, die es erlauben, eine ständige Überproduktion auf hohem Niveau zu erreichen, zu deren Konsum die einzelnen über die Konditionierung zur Wegwerfmentalität angewiesen worden sind.198 Es handelt sich hier um persiflierte Rudimente einer kapitalistischen Wirtschaftsform, bei der eine – im vorliegenden Fall – künstlich stimulierte Nachfrage die Überproduktion konsumiert und damit das ökonomische System auf hohem Produktions-Niveau stabilisiert.199 Stabilisierung, d.h. Selbsterhaltung des gesellschaftlichen und ökonomischen Systems, ist der Schlüsselbegriff dieses „idealen“ Weltstaates. Die hier durch einen instrumentalisierten Glücksbegriff200 und strenge Hierarchisierung verwirklichte Harmonie erweist sich als Horror, wenn man sie auf traditionelle Wertbegriffe zurückbezieht (Persönlichkeit, Individualität, „einfaches“ Glück). Der ökonomische Bereich unterliegt mit seinem Konsumzwang eben dieser negativen Beurteilung durch Autor und Leser, dazu kommt das durch Gen-Manipulation ermöglichte Konzept eines zu Ende gedachten und pervertierten Arbeitsheeres. Das hauptsächliche Interesse des Autors an den ethisch-moralischen Folgen einer gedachten Stabilität für ein Weltsystem hat dazu geführt, daß der ökonomische Bereich, gemessen an früheren Utopien, bis auf wenige Angaben ausgegrenzt wurde. So läßt sich zusammenfassend sagen: In allen gesellschaftlichen und ökonomischen Bereichen gilt zentrale Planung mit dem weitgehenden kommunistischen Anspruch „aber jedermann ist seines nächsten Eigentum“.201 Als Zahlungsmittel existiert das Geld, ohne daß gesagt wird, nach welchen Maßstäben es zugeteilt wird. Das Rauschmittel Soma gibt es kostenlos aber rationiert. Arbeitspflicht besteht nicht direkt, aber jeder ist so konditioniert, daß er gerne arbeitet. Es herrscht strenge Hierarchisierung. Das Gesamtsystem befindet sich im stabilen Gleichgewicht, Neuerungen und wissenschaftlicher Fortschritt werden als Bedrohung aufgefaßt.202 Die notwendigen Ersatzinvestitionen werden offensichtlich getätigt, nicht jedoch Neuinvestitionen. Das System hat sich also evolutiv entwickelt und ist dann irgendwann einmal in seinem Zustand angehalten worden (Produktivität, Sozialprodukt, Konsum und Geburtenrate bleiben konstant), worin sich das Element des Utopischen im ökonomischen Bereich zeigt.

11.4 G. Orwell „Nineteen Eighty-Four“ (1949)
George Orwells „Nineteen Eighty-Four“ (1949) ist zu einem Klassiker geworden, der von den verschiedensten politischen Lagern für sich in Anspruch genommen wird, vornehmlich um den Gegner zu markieren und zu verunglimpfen.203 Es wird sich zeigen, daß die Frage nach der ideologischen Ortsbestimmung ohne Schaden hinter der Frage nach den wirtschaftlichen Konzeptionen zurücktreten kann. In der Orwell’schen Welt streiten drei Staaten um die Weltherrschaft, die offensichtlich alle nach gleichem Schema strukturiert sind.204 Der hier geschilderte Staat Eurasia hat seine Untertanen totalitär im Griff, der Einparteienstaat kontrolliert mit seinen Organen selbst das Gefühlsleben und Bewußtsein der entindividualisierten ‚Individuen‘. Der Totalitarismus nationalsozialistischer und kommunistischer Ausprägung wird gegenüber den eigenen Methoden der Herrschaft als überholt hingestellt.205 Der Roman macht die Verfeinerung der Methoden im Sinne einer Brutalisierung exzessiv deutlich, man kann ihn also als Darstellung einer extremen Extrapolation des totalitären Staates auffassen, einer Schock- und Schreckvision, die präventiv wirken soll. Die Frage, ob es sich mehr um einen Totalitarismus westlicher oder östlicher Prägung handelt oder um eine Konkordanz, scheint nicht sehr fruchtbar, da Elemente beider Ausprägungen im Roman zu finden sind.
Die Ziele der Partei sind Welteroberung und Ausrottung der Gedankenfreiheit. Auf dieser Ebene der Ziele tauchen ökonomische nicht auf, sie sind sowieso von untergeordneter Bedeutung: Die von versklavten Kriegsgefangenen und der eigenen Bevölkerung es besteht allgemeine Arbeitspflicht bei 50 Stunden pro Woche erarbeiteten Konsumgüter werden durch die Wertvernichtung einer ständigen Kriegsführung in ihrer Menge so reduziert, daß umfangreiche Versorgungsengpässe auftreten. Es handelt sich also um eine zentralgeplante Kriegswirtschaft, die Wohlleben aus berechnenden Gründen erst nicht aufkommen läßt und der Bevölkerung nur ein Existenzminimum gewährt.206 Der Krieg wird geradezu als Mittel apostrophiert, die Produktion aufzuzehren, ohne den Lebensstandard zu erhöhen.207 Der technische Fortschritt kam nach einer Phase rasanter Entwicklung zum Stillstand wegen a) der Verarmung durch Kriege, b) weil eine strikt reglementierte Gesellschaft inventive Kräfte nicht mehr zuläßt.208 Wertvernichtung durch Krieg und Unterbindung des technischen Fortschritts sollen allgemein möglichen Wohlstand verhindern, da er die wichtigste Form von Ungleichheit, die ökonomische, aufzulösen vermag und Bildung ermöglicht. Da das vorliegende System Hierarchie voraussetzt, braucht es als Basis Armut und Unwissenheit.209 Das Lavieren am Existenzminimum hat außerdem den zynisch verwerteten Nebeneffekt, daß dann kleine Privilegien viel höher eingeschätzt werden. Die Gesellschaft ist in drei Klassen geteilt („Proles“, „Outer Party“, „Inner Party“), deren höchste eine gute Versorgung nach Menge und Qualität aufweist.210 Die ökonomische Besserstellung dient der Stabilisierung dieser Gruppe in und gegenüber dem übrigen System. Ebenso wird der ökonomische Hebel für die zweite Gruppe („Outer Party“) benutzt.

11.5 Zusammenfassung
Wells entwirft das Bild eines goldenen Zeitalters und prüft es auf Berechenbarkeit. Er stellt zwei dialektisch verlaufende Prozesse fest: a) Not und Mangel heben sich auf im Wohlstand und Reichtum, b) Aus Arbeitern werden arbeitende Unternehmer, aus Unternehmern Opfer. – Da Wohlstand und Reichtum zur Degenerierung und Verblödung führen, haben beide Prozesse einen negativen Ausgang. „Reichtum für alle“, d.h. Abwesenheit von Mangel, ist für Wells aus dem Katalog möglicher Utopie – Ziele zu streichen.
Huxleys Alptraum ist der totalitäre Staat, der Politik, Gesellschaft und Individuum kontrolliert und durch Kontrolle von Bewußtsein und Gefühlswelt die Individualität eigentlich auszulöschen versucht. Die Wirtschaft wird zentral gesteuert. Die Güter sind nicht mehr knapp, es wird davon ausgegangen, daß eine Wirtschaft, die sich eine Wegwerfmentalität leisten kann, politisch und gesellschaftlich stabil ist.
Orwell ist ebenfalls vom Totalitarismus und seinen für möglich gehaltenen Auswüchsen beunruhigt. Die Wirtschaft wird als zentral verwaltete Kriegswirtschaft dargestellt, deren Ziel pervertiert ist. Die ökonomischen und sozialen Grundbestandteile der Utopie liegen in der Annahme, die Reduktion der Bevölkerung auf den Pauperismus stabilisiere das System.
Für alle drei Utopien ist der ökonomische Bereich problemlose Voraussetzung, die nicht näher erörtert wird. Die wenigen Äußerungen müssen durch Interpretation ergänzt werden. Aber wenn auch das Ökonomische kein Thema ist, so wird doch klar, daß es als Instrument eines übergeordneten Ziel fungiert. Da das Ziel Stabilisierung der totalitären Herrschaft – negativ ist, kann auch die Funktion der Wirtschaft nur negativ interpretiert werden: Als Hebel, Hierarchie und Macht zu stabilisieren (Orwell, Huxley), als Begründung von Abhängigkeiten, die sich dialektisch verkehren können (Wells). Als positive Utopie in der negativen Utopie erscheinen Begriffe und Bilder vom „einfachen Glück“ (Huxley, Orwell), von Persönlichkeit und Individualität (Orwell, Huxley), also Begriffe fern vom Materiellen.

12. Schlußbetrachtung

12.1 Ziele der Utopien
„Alle Menschen wollen, Bruder Gallius, glücklich leben: Aber wenn es darum geht, zu erkennen, was es denn sei, was ein glückliches Leben bewirkt, tappen sie im dunkeln.“211 Der Philosoph Seneca stellt seinen Mitmenschen in der so zentralen Glücksfrage ein schlechtes Zeugnis aus. Sie wissen nicht einmal die Wege zu ihrem Glück, und er läßt offen, ob sie überhaupt ihr Ziel – ihr Glück – kennen. Auf diese alte Frage der Eudämonie glauben die Utopien eine Antwort bereit zu halten. Nicht das Glück Fausts (als Kolonisator und Reformer), nicht das individuelle Glück, die eudämonistische Genußfähigkeit des einzelnen, sind Ziele der Utopie, sondern Wohlfahrt, Wohlleben für alle, ethische Vollkommenheit, auch Freude wird genannt (Platon). Also setzt eine Utopie auch voraus, daß ökonomisch gedacht wird – ob jedoch immer die günstigste Kombination der Kosten- und Nutzenüberlegungen gewählt wird, ist hier die Frage –, das erklärt aber nicht die Dominanz der wirtschaftstheoretischen Themen, die in den meisten Romanen festzustellen ist: Nichts hat offensichtlich die Schriftsteller und Denker mehr zum Schreiben motiviert als die nackte Not ihrer Zeitgenossen (vgl. Morus und andere).
Obwohl die Utopien ihre Ziele kennen, enthalten sie keine Handlungsanweisungen, wie sie zu erreichen wären. Sie begnügen sich mit der Funktion, das Bewußtsein für die Notwendigkeit eines Wandels zu schärfen. Neben der Verbesserung der Lebensbedingungen und der sozialen Einrichtungen wollen die Utopisten die moralische Besserung der Menschen erreichen. Sie setzen einen hohen Grad menschlicher Tugend voraus, um den geschilderten Idealstaat auch sozial und ökonomisch funktionsfähig zu machen.

12.2 Kritik am idealen Entwurf
Die Zahl der Utopien ist recht groß und nicht wenige von ihnen erzielten außergewöhnlich hohe Auflagen. Der Erfolg gab ihnen eine Bedeutung, die natürlich auch die Kritik herausfordern mußte. – Sie sieht in der Utopie ein statisches, geschichtsloses Gebilde.212 Sie will, so ein weiterer Vorwurf, den Himmel auf Erden schaffen, was sie nicht als unmöglich einsieht, statt gradualistisch die Welt zu verändern, wie es zu jeder Zeit möglich ist.213 Weiterhin bezieht man sich auf den Perfektionismus der Utopien, der langweilige Konfliktfreiheit mit sich bringt. Schließlich seien sie nicht zu verwirklichen Und auch noch voller Denkfehler.214 Es ist leicht zu zeigen, daß diese Kritik nur selten zutrifft oder einfach von kleinlicher Enge ist. Daß es sich hier fast stets um Romanliteratur handelt, ist dabei nicht einmal berücksichtigt.

12.3 Die Behandlung zentraler ökonomischer Erscheinungen
Besonders im Bereich des Ökonomischen und der Ethik wurde im Verlauf der Untersuchung festgestellt, daß inkongruentes Denken und offensichtliche Fehleinschätzungen der menschlichen Möglichkeiten vorkommen. Das beginnt schon mit der platonischen Version vom Idealstaat, in dem praktisch alles Wesentliche allen gemeinsam sein soll.215 – Der Verzicht auf die Geldwirtschaft und damit auch auf den Marktmechanismus, auf die Preise und auf die Konkurrenz, wie er in so mancher Utopie empfohlen wird, hat zur Folge, daß nachlassender Arbeitseifer durch unrealistisch hohe Anforderungen an die Ethik des einzelnen kompensiert werden müssen.
Daß mit der Konkurrenz ein Motor des Fortschritts fehlt, paßt andererseits in das Bild einer stationären Wirtschaft ohne Produktivitätszuwachs und bei konstant gehaltenen Bedürfnissen der Bewohner. Die Utopie diesen Typs ist häufig auch noch monadisch abgeschlossen, wie eine gut funktionierende Hauswirtschaft ist sie autark von der Umwelt abgekapselt. Dabei ignoriert sie, daß das wohlfahrtsmehrende Prinzip der Arbeitsteilung auch im internationalen Bereich gilt.
Auf dem Arbeitsethos beruht die – trotz Arbeitszeitverkürzung Überproduktion von Konsumgütern. Da die Marktgesetze außer Kraft gesetzt sind, kann die Utopie es sich leisten, mehr zu produzieren als der Konsum aufnimmt, um den Überfluß zu vernichten. Dieses Element aus dem Schlaraffenland mit quasi freien Gütern muß den darbenden Zeitgenossen besonders verlockend, aber auch utopisch vorgekommen sein.

12.4 20. Jahrhundert: Der ökonomische Faktor als Hebel der Macht
Auch im 20. Jahrhundert gibt es die Wegwerfmentalität (Huxley) bei Überproduktion als Instrument, das System stabil zu halten. Eben diesen Zweck verfolgt die entgegengesetzte Möglichkeit, nämlich Instrumentalisierung der Wirtschaft über extreme Knappheit der Güter(Orwell). In bei den Fällen wird das Arbeitsethos ersetzt durch Konditionierung, die die Haltung gegenüber Produktion und Konsumption fehlerfrei steuert. Das perfekte Ethos der Utopien früherer Zeit wird hier mit den Mitteln des 20. Jahrhunderts erbarmungslos in die von Naturwissenschaften und Macht bestimmte Wirklichkeit umgesetzt. Diese Anti- und Schockutopien setzen eine Planungs- und Kontrollgewalt voraus, deren Vollständigkeit das Prädikat „totalitär“ verdient. Auch diese moderne Eigenschaft ist schon präfiguriert bei dem Renaissancehumanisten Campanella und dem Phänomen der Zentralität weiterer Utopisten.

12.5 Die Suche nach einer anderen Welt
Schriftsteller von Utopien sind keine Ökonomen, Soziologen oder Philosophen. Statt Spezial wissen zu besitzen, sind sie „kundig“ in den genannten Disziplinen, d.h. sie verfügen über ein der Zeit entsprechendes, vertieftes Allgemeinwissen. – Da sie keine Handlungsanweisungen geben können, wollen sie ihre Ideen vom besseren oder idealen Leben popularisieren und – als ein Beitrag zum Weg dorthin – für die Probleme ihrer Zeit sensibilisieren. Bei der Suche nach Alternativen zur bestehenden Welt, an der sie leiden, geraten sie bei der Prüfung des Möglichen auch in den Bereich des Unmöglichen. Aber Unmögliches, Fehler und Irrtümer haben u.U. ihre positive Funktion und Wirkung, man denke nur an das märchenhafte Schlaraffenland, das auch bei mancher Utopie durchschimmert oder an Bellamys „Looking Backward“. – Die konzipierende Fantasie stellt sich das Ideal vor und erhofft seine Realisierung und sei sie auch nur partiell. Daß sie grundsätzlich möglich ist, will die Utopie als Roman aufweisen, in dem der Weg stets an das gewünschte Ziel führt. Er wirbt in der Regel für den gradualistischen, den reformerischen, nicht gewalttätigen Weg. Der Weg zum Ideal führt über das Ökonomische und die sie stützende Ethik, für die ein neu es Menschenbild entworfen wird. Sie sagt auch jeweils, wo das neue alte Glück liegt. Aber mit dem Entwurf einer ökonomischen Struktur muß erst einmal nachgewiesen werden, daß und wie das Gesamtsystem funktionieren kann.




1) W. Kayser (Hrsg.), Literarisches Lexikon, Stichwort „Staatsroman“
2) Meyers großes Taschenlexikon, Stichwort „Utopie“
3) H. Gnüg (Hrsg.), Literarische Utopie-Entwürfe, Vorwort S. 9
4) K.-H. Volkmann-Schluck, Wie die Idee zur Utopie wurde, in: H. Gnüg, Literarische Utopie-Entwürfe, S. 22
5) E. Bloch, Hoffnung, S. 11
6) Die hohe Zahl verrät, daß ein bedeutender Bedarf an Darstellungen idealer Gesellschaftsverhältnisse besteht. Die Zahlen liegen zwischen 2790 (Robert N. Bloch, Bibliographie der utopischen und phantastischen Literatur allein in deutscher Sprache, Gießen 1984, Zeitraum 1750 bis 1950) und etwa 3000 Titeln (Jakob Bleymehl, Beitrage zur Geschichte und Bibliographie der utopischen und phantastischen Literatur, Furth/Saar 1965)
7) Einen ersten Überblick bietet Jakob Bleymehl, Beitrage zur Geschichte der utopischen und phantastischen Literatur, Furth/Saar 1965
8) H. Süssmuth, Studien, S. 62, S. 11 ff.
9) vgl. dazu J. Bumke, Die Utopie des Grals. Eine Gesellschaft ohne Liebe? In: H. Gnüg, Literarische Utopie-Entwürfe, S. 70
10) Diese Utopie wird, obwohl sie vier Jahre vor der Campanellas erscheint, nach dieser behandelt. Einmal war das Manuskript der „Civitas solis“ schon 1602 fertiggestellt, zum anderen behandelt man aus thematischen Gründen und wegen des Ranges die drei großen Renaissance-Utopien zusammen
11) Zahlreiche Stellennachweise finden sich bei G. Klaus, M. Boor, Philosophisches Lexikon, Stichwort „Sozialismus und Kommunismus, utopischer“
12) vgl. G. Klaus, M. Buhr, Philosophisches Lexikon, Stichwort „Sozialismus und Kommunismus, utopischer“. In dem Ausdruck „utopischer Sozialismus“ wird der Begriff überhaupt als Gegensatz zu „Wissenschaft“, „wissenschaftlicher Sozialismus“ gebraucht, vgl. den Titel der Schrift Friedrich Engels: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft (1882) in: Karl Marx, Friedrich Engels, Studienausgabe in vier Bänden, hrsg. von I. Fetscher, Frankfurt 1966, Band 1, S. 145–181
13) Es handelt sich um folgende Werke: K. Plötz, Auszug aus der Geschichte, 26. Aufl., Würzburg 1960; Fischer Weltgeschichte, Hrsg. R. Romanow, A. Tenenti, Frankfurt a.M. 1966; Staatslexikon, Recht-Wirtschaft-Gesellschaft, Hrsg. Görres-Gesellschaft, 6. Aufl., Freiburg i. Br.; Meyers großes Taschenlexikon in 24 Banden, Mannheim, Wien, Zürich 1983; G. Klaus, M. Boor, Philosophisches Wörterbuch, Berlin 1972; Dictionnaire de Biographie française, Hrsg. J. Balteau, M. Barroux, M. Prevost, Paris 1936
14) Das folgende ist der Dissertation von W.-D. Müller, Geschichte der Utopie – Romane, S. 14, entnommen und K. Jaspers, Die Gründer des Philosophierens, S. 15 f.
15) Sie erzählt nicht eine fiktive Geschichte, ist kein Staats-„Roman“
16) vgl. Denis, Wirtschaftstheorien, S. 15
17) vgl. Politeia, Anfang des 2. Buches (357a–369b), die Schrift kreist um die Bedeutung des Begriffs für die Gesellschaft und das Individuum
18) vgl. Politeia 369c
19) vgl. Politeia 369d
20) vgl. Politeia 370c
21) vgl. Politeia 371c–d
22) vgl. Politeia 372c ff.
23) vgl. Politeia 373e
24) vgl. Politeia 413c–414a und 415a–d
25) vgl. Politeia 374a–d
26) vgl. Denis, Wirtschaftstheorien, S. 19
27) vgl. Denis, Wirtschaftstheorien, S. 19
28) In den „Nomoi“ werden die Grenzen arm-reich genau definiert, vgl. Nomoi 744e bis 745a
29) vgl. Politeia 471c ff.
30) vgl. Politeia 473a, vgl. 499c
31) vgl. Nomoi 736c–e
32) vgl. Nomoi 737c
33) vgl. Nomoi 737d
34) Nomoi 739b–d
35) vgl. Nomoi 738e
36) vgl. Nomoi 73ge
37) vgl. Denis, Wirtschaftstheorien, S. 26
38) vgl. Fischers Weltgeschichte, Band 12, S. 243
39) Dante Alighieri La divina commedia, Paradiso, I, 70 v40) Zusammenfassende Darstellung bei R. Ahrbeck, Morus-Campanella-Bacon, Köln 1977
41) Die bekannteste Darstellung der Renaissance, allerdings hier auf Italien bezogen, ist die von J. Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, Stuttgart 1958. Den gesamten europäischen Raum in relativ kurz gefaßter Weise bietet: Die Grundlegung der modernen Welt, Spätmittelalter, Renaissance, Reformation, Fischer Weltgeschichte, Band 12
42) vgl. Heinisch, Der utopische Staat, S. 284
43) Oberblick bei W. Erzgräber, Thomas Morus: Utopia (1516), in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, S. 26 f
44) vgl. W. Erzgräber, Thomas Morus: Utopia (1516) in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, S. 28 f.
45) Heinrich (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 26
46) Heinrich (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 27
47) Heinrich (Hrsg.), Der utopische Staat, S. 28
48) Heinrich (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 28
49) Heinrich (Hrsg.), Der utopische Staat, S. 44
50) Heinrich (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 44
51) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 45
52) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 45
53) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 49 f .
54) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 54
55) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 56
56) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 60, S. 61, S. 63
57) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 64
58) vgl. R. Ahrbeck, Morus-CampanellaBacon, S. 8
59) vgl. W. Erzgräber, Thomas Morus: Utopia (1516), in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, S. 25
60) Tridentiner Konzil 1545 bis 1563
61) L. Gustafsson, Tommaso Campanella: Der Sonnenstaat (1623), in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, S. 45
62) Die Jesuiten gründeten in Paraguay einen Staat nach diesem Vorbild, der in der Zeit von 1588 bis 1768, also immerhin 180 Jahre, bestand
63) Heinisch, Der utopische Staat, vgl. S. 123
64) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 123
65) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 143 f.
66) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 124
67) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, S. 136
68) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 143 f.
69) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 136
70) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 144
71) Heinisch (Hrsg.), Der utopische Staat, vgl. S. 144
72) Man übersieht dabei die „Macaria“ von Stiblin aus dem Jahre 1553
73) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 8 f.
74) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 12
75) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 16
76) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 16
77) Der lat. Originaltext spricht von „veritatis, bonitatisque domicilium“ (S. 38). Da aber relativ früh der Text in die deutsche Sprache übersetzt wurde – die Erstübersetzung stammt von 1741 – kann hier die etwas vom Original abweichende Übersetzung zugrundegelegt werden
78) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 167
79) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 167
80) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 67
81) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 67
82) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 81
83) Andreae, Christianopolis, S. 37
84) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 61
85) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 61
86) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 63
87) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 73
88) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 75
89) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 63
90) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 63
91) Andreae, Christianopolis, vgl. S. 61
92) Andreae, Christianopolis, S. 75
93) Vairasse, Histoire, vgl. S. 293
94) Vairasse, Histoire, S. 232
95) Vairasse, Histoire, vgl. S. 237
96) Vairasse, Histoire, vgl. S. 234
97) Vairasse, Histoire, S. 234 f.
98) Vairasse, Histoire, vgl. S. 133
99) Vairasse, Histoire, vgl. S. 271
100) Vairasse, Histoire, vgl. S. 72
101) Vairasse, Histoire, vgl. S. 72 f
102) Die vorangegangene Zusammenstellung findet sich bei Vairasse, Histoire, S. 73; Vairasse ist offensichtlich von der Ethik der Stoa beeinflußt, vgl. G. Klaus, M. Buhr, Philosophisches Wörterbuch, Stichwort „Stoa“
103) Vairasse, Histoire, vgl. S. 236
104) Varaisse, Histoire, vgl. S. 159
105) Varaisse, Histoire, S. 215
106) Varaisse, Histoire, vgl. S. 268
107) Varaisse, Histoire, vgl. S. 169
108) G. Stavenhagen, Geschichte, vgl. S. 23
109) G. Stavenhagen, Geschichte, vgl. S. 23
110) Ludwig Tieck gibt das Werk 1828 neu bearbeitet heraus und gibt ihm den Titel „Felsenburg“, unter dem es seither bekannt ist
111) Vosskamp, „Ein irdisches Paradies“: Johann Gottfried Schnabels Insel Felsenburg (1731–1743) in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, S. 95
112) Schnabel, Insel Felsenburg, S. 57
113) Schnabel, Insel Felsenburg, vgl. S. 97
114) Vgl. W. Vosskamp, „Ein irdisches Paradies“: Johann Gottfried Schnabels Insel Felsenburg (1731–1743), in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, S. 98
115) Schnabel, Insel Felsenburg, vgl. S. 156
116) Schnabel, Insel Felsenburg, vgl. S. 238
117) Schnabel, Insel Felsenburg, vgl. S. 238
118) Schnabel, Insel Felsenburg, S. 228
119) Der Kammer „Conseil des Cinq Cent“ standen Gesetzesinitiative und Mitentscheidung bei der Besetzung des Direktoriums zu.
120) Mercier, 2440, Introduction, S. 49; Das Werk erschien also 1770
121) Mercier, 2440, Introduction, S. 35
122) Mercier, 2440, 1. Satz des Avant-Propos, S. 79
123) Mercier, 2440, vgl. S. 353
124) Mercier, 2440, vgl. S. 101
125) Mercier, 2440, vgl. S. 236
126) Mercier, 2440, vgl. S. 236
127) Mercier, 2440, vgl. S. 210 und S. 212
128) Mercier, 2440, vgl. S. 215
129) Mercier, 2440, vgl. S. 210
130) Mercier, 2440, vgl. S. 215, Anm. 9
131) Vgl. Stavenhagen, Geschichte, S. 53
132) Mercier, 2440, vgl. S. 210; Turgot proklamiert am 18. Juli 1764 den freien Export von Korn. Die Folge war eine Teuerung für Getreide in den Jahren 1766 bis 1768. 1770 wird die Erlaubnis des freien Exports wieder aufgehoben, die Maßnahme hatte sich nicht bewährt
133) Mercier, 2440, S. 214
134) Mercier, 2440, vgl. S. 215
135) Mercier, 2440, vgl. S. 373
136) Mercier, 2440, vgl. S. 374
137) Mercier, 2440, vgl. S. 373
138) Mercier, 2440, S. 339
139) Stavenhagen, Geschichte, S. 53: Die Physiokraten sahen in der landwirtschaftlichen Urerzeugung den Ursprung des Reichtums
140) Cabet, Reise, vgl. S. 511 f.
141) M. Winter, Luxus und Pferdestärken. Die Utopie in der bürgerlichen Revolution: Etienne Cabets Icarien (1842), in: Berghahn/Seeber (Hrsg.) Utopien, S. 129
142) M. Winter, Luxus und Pferdestärken, in: Berghahn/Seeber (Hrsg.) Utopien, S. 129
143) M. Winter, Luxus und Pferdestärken, in: Berghahn/Seeber (Hrsg.) Utopien, S. 130
144) Winter, Luxus und Pferdestärken, in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, S. 134 mit Bezug auf Äußerungen von Iring Fetscher, Rousseaus politische Philosophie, Frankfurt 1980, S. 280: Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Besonderheiten und Schwächen des Cabetismus findet sich bei Christopher H. Johnson, Etienne Cabet und das Problem des Klassen-Antagonismus, in: M. Hahn (Hg.), Vormarxistischer Sozialismus, Frankfurt 1974, S. 195–201, 216. Cabet vernachlässigt z.B. die Bauern, obwohl sie die wichtigste besitzende Klasse sind und glaubt, sie leicht für die Gütergemeinschaft gewinnen zu können.
145) Cabet, Voyage, S. 1
146) Cabet, Reise, vgl. S. 89
147) Cabet, Reise, vgl. S. 325
148) Cabet, Reise, vgl. S. 92
149) Cabet, Reise, vgl. S. 35
150) Cabet, Reise, vgl. S. 89
151) Cabet, Reise, vgl. S. 90
152) Cabet, Reise, vgl. S. 90
153) Cabet, Reise, vgl. S. 348, S. 343
154) Cabet, Reise, S. 96
155) Cabet, Reise, vgl. S. 37
156) Cabet, Reise, vgl. S. 55
157) vgl. E. Bloch, Prinzip, S. 655: „Des Dienstes ewig gleichgestellte Uhr wurde in keiner anderen Utopie mit so wenig Überdruß totalisiert, mit soviel Vergötzung der Exaktheit.“
158) Cabet, Reise, vgl. S. 55
159) Cabet, Reise, vgl. S. 35
160) Cabet, Reise, vgl. S. 427
161) Cabet, Reise, vgl. S. 429
162) Zum folgenden vgl. Bellamy, Rückblick, S. V f.
163) Roemer, Looking backward (1888): Popularität, Einfluß und vertraute Entfremdung, in Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, vgl. S. 151
164) Roemer, Looking backward, in Berhahn/Seeber (Hrsg.) Utopien, S. 147, 149
165) Roemer, Looking backward, in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, vgl. S. 149
166) Roemer, Looking backward, in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, vgl. S. 149
167) Roemer, Looking backward, in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, vgl. S. 154
168) Roemer, Looking backward, in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, vgl. S. 150
169) Bellamy, Rückblick, S. 234
170) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 47
171) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 96
172) Bellamy, Rückblick, S. 48
173) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 49 f.
174) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 145
175) Bellamy, Rückblick, S. 51
176) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 49 ff.
177) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 232 und S. 138
178) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 88
179) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 88 f
180) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 65
181) Bellamy, Rückblick, S. 65
182) Die Kreditkarte erfüllt die Funktionen von Geld. Allerdings ist die Tauschmittelfunktion beschränkt auf die Linie Verteiler-Abnehmer und die Wertaufbewahrungsfunktion auf die Gültigkeit der Karte für ein Jahr (ohne Übertragbarkeit). Zentral ist ihre Rolle als Recheneinheitsfunktion.
183) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 69
184) Bellamy, Rückblick, S. 67
185) Bellamy, Rückblick, S. 66
186) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 65
187) Bellamy, Rückblick, S. 136
188) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 132 ff.
189) Bellamy, Rückblick, vgl. S. 134
190) Stavenhagen, Geschichte, vgl. S. 55
191) Seeber, Bemerkungen zum Begriff „Gegenutopie“, in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, S. 163
192) Seeber, Bemerkungen, in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, vgl. S. 163 auch für das folgende
193) Seeber, Bemerkungen, in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, S. 165
194) Wells, Die Zeitmaschine, vgl. S. 52 f., S. 54
195) Lothar Fietz, Schreckutopien des Kollektivismus und Individualismus: Aldous Huxleys Brave New World (1932) und Michael Frayns A Very Private Life (1968), in: Berghahn/Seeber (Hrsg.) Utopien, vgl. S. 203
196) Vgl. die Definition von „Totalitarismus“ in: Fraenkel/Bracher, Staat und Politik, S. 308: „... eine äußerste Steigerungsform der Tendenz zur Zentralisierung, Uniformierung und einseitigen Reglementierung des gesamten politischen, gesellschaftlichen und geistigen Lebens.“
197) Huxley, Neue Welt, vgl. S. 36
198) Huxley, Neue, vgl. S. 41, S. 65
199) Huxley, Neue Welt, vgl. S. 59
200) „Die Menschen sind glücklich, sie. kriegen, was sie begehren und begehren nichts, was sie nicht kriegen können.“ Huxley, Neue Welt, S. 220
201) Huxley, Neue Welt, S. 57
202) Huxley, Neue Welt, vgl. S. 225
203) B. Kahrmann, George Orwell, Nineteen Eighty-Four (1949), in: Berghahn/Seeber (Hrsg.), Utopien, vgl. S. 233
204) Orwell, Nineteen Eighty-Four, S. 158
205) Orwell, Nineteen Eighty-Four, vgl. S. 211
206) Orwell, Nineteen, vgl. S. 153
207) Orwell, Nineteen, vgl. S. 153
208) Orwell, Nineteen, S. 153
209) Orwell, Nineteen, vgl. S. 154
210) Orwell, Nineteen, vgl. S. 115
211) L. Annaeus Seneca, de vita beata, cap. I, Anfang: „Vivere, Gallio frater, omnes beate volunt: sed ad pervidendum, quid sit quod beatam vitam efficiat, caligant“
212) Soeffner, Mythos, S. 12 mit Bezug auf K. R. Popper
213) Darauf läuft der Vorwurf Poppers hinaus, vgI. K. R. Popper, Utopie, in Neusüss (Hrsg.), Utopie, S. 325.
214) vgl. Soeffner, Mythos, S. 15 mit Bezug auf R. Dahrendorf Pfade aus Utopia, in: Gesellschaft und Freiheit. Zur soziologischen Analyse der Gegenwart, München 1961.
215) Es gab Versuche, eine möglichst weitgehende Gemeinsamkeit unter Menschen konkret herzustellen, die gemeinsam produzieren und die Kinder ebenfalls gemeinsam großziehen, z.B. im Kibbuz oder bei religiösen Gruppierungen wie den Mennoniten.



Literaturverzeichnis

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